Anspielung auf Orban
Ungarn: Schulfeier wegen Gedicht verboten
Wegen eines „missverständlich“ interpretierbaren Gedichts des ungarischen Revolutionsdichters Sandor Petöfi (1823-1849) hat der Direktor einer Volksschule in Budapest die Schulfeier zum Nationalfeiertag am 15. März verboten. Konkret soll es um das vorgetragene Poem „Hängt die Fürsten auf“ gegangen sein, in dem Petöfi zum Umsturz der damaligen feudalen Ordnung aufrief.
Die Feier in der Jozsef-Budenz-Schule in Budapest sollte wegen der begrenzten Zahl an Plätzen im Festsaal doppelt über die Bühne gehen. Doch Schuldirektor Jozsef Csenki zog bereits nach dem ersten Termin die Reißleine, berichtete das Nachrichtenportal 444.hu am Mittwochabend.
„Jeder wird an Orban denken“
Bei Petöfis Refrainzeile „Zerschlagt die Throne, hängt die Fürsten auf!“ würde „ein jeder an (den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor) Orban denken“, soll der Direktor Ohrenzeugen zufolge gesagt haben. „Wenn sich das herumspricht, ist die Schule geliefert.“
Schüler protestierten empört
Orban steht wegen seines autoritären und korrupten Regierungsstils im Visier der Kritik. Die Europäische Union hält derzeit bedeutende Fördergelder für Ungarn zurück, um Orban zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit zu zwingen. Gegenüber 444.hu bestätigte Schuldirektor Csenki die (Selbst-)Zensur indirekt. Die Feier habe „missverständliche aktualpolitische Anspielungen sowie Stellungnahmen zu tagespolitischen Fragen“ beinhaltet, sagte er. Die betroffenen Schüler zeigten sich empört. Sie protestierten und starteten eine Unterschriftenaktion, so das Portal.
Am 15. März feiert Ungarn den Ausbruch der Revolution gegen die österreichische Habsburgerherrschaft im Jahr 1848, zu der Petöfi mit seinen flammenden Gedichten und Appellen maßgeblich beigetragen hatte. Der heute allgemein als Nationaldichter verehrte Schriftsteller fiel 1849 als freiwilliger Soldat in einer Schlacht gegen russische Interventionstruppen, die den Habsburgern zur Hilfe geeilt waren.
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