Christine Marek stand seit März 2010 an der Spitze der Landes-ÖVP. Interimistisch hatte sie die Partei bereits seit Ende 2009 übernommen, nachdem Vorgänger Johannes "Gio" Hahn als EU-Kommissar nominiert worden war. Unter Marek hatte die Volkspartei bei der Wien-Wahl im Herbst 2010 dann ein Debakel erlebt - sie kam auf knapp 14 Prozent der Stimmen, rund 4,8 Prozentpunkte weniger als 2005.
"Stolze Übergabe"
"Regelmäßige Angriffe aus den eigenen Reihen schwächen die Partei als Ganzes", verwies Marek nun auf wiederholte Kritik an ihrer Person. "Meine Intention war, die ÖVP zu einer echten bürgerlichen Kraft in Wien zu machen." Sie habe dafür sogar auf ihren "Herzensjob", also auf das Amt als Familienstaatssekretärin, verzichtet. Jedoch habe sie zur Kenntnis nehmen müssen, "dass ich mit dieser Linie nicht die Partei in der notwendigen Geschlossenheit hinter mir habe". Diese Geschlossenheit sei aber für die nächsten Wahlen - sowohl im Bund als auch später in Wien - unbedingt nötig.
Es seien aber auch "positive Schritte" während ihrer Amtszeit gelungen, versicherte sie. "Ich übergebe hier etwas, auf das ich stolz sein kann. Ich kann etwas wirklich Solides übergeben", zeigte sich Marek überzeugt.
Auf Prölls Druck in Landespolitik gekommen
Die schwarze Erde brodelt also weiter - nach dem Rückzug von ÖVP-Chef Josef Pröll, anschließender Regierungsumbildung und dem Abschied von Altkanzler Wolfgang Schüssel. Dass Marek mit ihrer Rückkehr in den Nationalrat, von wo aus sie 2007 zu ihrem kurzfristigen "Höhenflug" aufgebrochen war, jetzt quasi politisch notversorgt wird, ist für sie wohl ziemlich bitter. Denn eigentlich hatte es die alleinerziehende Mutter eines Sohns gar nicht in die Landespolitik gezogen. Erst unter massivem Druck des damaligen Parteichefs Pröll hatte sie sich im Herbst 2009 breitschlagen lassen, mit dem Bonus der Bekanntheit aus dem Bund in die Wiener Landtagswahl zu ziehen.
Völlig misslungene Wahlkampangne
Die triste Lage der Wiener ÖVP, die sich durch den Wechsel von Landesparteiobmann Johannes Hahn als EU-Kommissar nach Brüssel verschärft hatte, zwang Pröll damals fast dazu, seine einzige "Wiener Waffe" in die Stadt zu schicken. Dass sich Marek dort dermaßen schwer tun würde, war zum Zeitpunkt ihrer Ernennung nicht absehbar. Doch mit einer völlig misslungen Wahlkampagne, die der bis dahin als "bunter Vogel" geltenden Staatssekretärin eine Law-and-Order-Masche anheftete, schaffte es die Wiener ÖVP, mit Marek ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis einzufahren - plus der Peinlichkeit, am Tag danach per Inserat noch um Briefwahlstimmen zu werben, womit die glücklose Spitzenkandidatin immerhin unfreiwillig die Reform dieses Instruments miteinleitete.
Trotz des Desasters vom 10. Oktober 2010 musste Marek nun ganz nach Wien, wo sie gleich mit einer ungeschickten Personalpolitik, die den Wirtschaftsbund kaltstellte und ihren ÖAAB mit den wenigen verbliebenen Posten versorgte, ihre Demontage einleitete. Bei der Wahl zur Klubobfrau kam die Landesparteichefin auf 14 von 23 Stimmen. Ihren Wunschkandidaten für die Landesgeschäftsführung, Christoph Hörhan, brachte sie nicht durch. Entsprechend blieb Marek, der in weiten Teilen der Landespartei der Rückhalt fehlte, auch weiter blass.
Hoffnung der Volkspartei mit Karaoke-Vorliebe
Dabei hatte sie als eine der Hoffnungen der Volkspartei gegolten. Die im Innviertel aufgewachsene Frohnatur hatte während ihrer Baby-Karenz bei der ÖVP-Meidling angedockt und sich schon mit 34 einen Sitz im Nationalrat erkämpft, den die kaufmännische Angestellte und spätere Betriebsrätin bei Frequentis auch fünf Jahre mit Engagement ausfüllte. Bei ihrem Wechsel in die Regierung als Staatssekretärin im Wirtschaftsressort machte sie von Beginn an eine recht gute Figur, sodass es überraschte, als sie nach der Neuauflage von Rot-Schwarz nur ihren Posten behielt und nicht in ein Ministeramt aufstieg.
Zu Mareks Verhandlungserfolgen im Bund gehörte das einkommensabhängige Kindergeld. Beim Gratis-Kindergarten hatte sie ebenfalls die Finger im Spiel. Ab jetzt kann sich die Karaoke-Liebhaberin wieder verstärkt dem parlamentarischen Singen widmen.
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