Waren verschwunden

2,5 Tonnen Uran in Libyen wieder aufgetaucht

Ausland
16.03.2023 19:03

Rund 2,5 Tonnen Uranerz-Konzentrat, die vorübergehend aus einem Lager in Libyen verschwunden waren - krone.at berichtete -, sind am Donnerstag offenbar wieder aufgetaucht. Eine Einheit der selbst ernannten Libyschen Nationalarmee (LNA) habe sie etwa fünf Kilometer von ihrer ursprünglichen Lagerstätte entfernt entdeckt, teilte ein LNA-Kommandant via Facebook mit.

Sie würden aufbewahrt, bis die Internationalen Atomenergiebehörde IAEA ihre Spezialisten ins Land schicke, so die LNA. Vermutlich hätten Söldner aus dem Tschad, der an den Süden Libyens grenzt, in dem Lagerhaus Waffen oder Munition vermutet und die Fässer mitgenommen.

Inspektoren der IAEA hatten diese Woche entdeckt, dass sich das in zehn Fässern gelagerte Material nicht mehr an dem vorgesehenen Ort befand, wie ein Sprecher in der Nacht auf Donnerstag bestätigte. „Das Material ist nicht dort, wo es sein sollte“, heißt es in einer brandheißen, aber nüchtern gehaltenen Meldung der Atomaufsichtsbehörde.

In Libyen sind nach Angaben der Atomaufsichtsbehörde IAEA rund 2,5 Tonnen Uran verschwunden. (Bild: Mike Mareen - stock.adobe.com)
In Libyen sind nach Angaben der Atomaufsichtsbehörde IAEA rund 2,5 Tonnen Uran verschwunden.

„Die Atomenergiebehörde wird weitere Schritte unternehmen, um zu klären, unter welchen Umständen das Kernmaterial entfernt wurde und wo es sich derzeit befindet“, teilte der Sprecher in Wien mit. Der Gouverneursrat der IAEA sei informiert worden.

Zehn Fässer „Yellowcake“ fehlten
Laut dem besorgten IAEA-Direktor Rafael Grossi (Bild unten) werden insgesamt zehn Fässer mit sogenanntem „Yellowcake“ vermisst. Dieses Material - übersetzt gelber Kuchen - gilt deswegen als besonders gefährlich, weil es sich um pulverförmige Uranverbindungen handelt, die in weiterverarbeiteter Form für Atomkraftwerke verwendet werden können.

Laut IAEA-Direktor Rafael Grossi (Bild) wurden insgesamt zehn Fässer mit sogenanntem „Yellowcake“ vermisst. (Bild: AFP/Saul Loeb)
Laut IAEA-Direktor Rafael Grossi (Bild) wurden insgesamt zehn Fässer mit sogenanntem „Yellowcake“ vermisst.

Uranerz-Konzentrat ist schwach radioaktiv. In dem Material kann aber keine nukleare Kettenreaktion ausgelöst werden. Um das Konzentrat für Atomkraftwerke oder gar für Atomwaffen einzusetzen, müsste es zuerst in komplexen technischen Anlagen in einer Reihe von Schritten weiterverarbeitet werden.

Anlage nicht mehr unter staatlicher Kontrolle
Was die internationalen Experten nach einer erfolglosen Inspektion vor allem in Alarmstimmung versetzt: Jene Anlage in dem nordafrikanischen Staat, in der das Natururan in Form von Uranerz-Konzentrat gelagert wurde, befindet sich nicht mehr unter staatlicher Kontrolle.

Wegen des langjährigen Bürgerkriegs herrschen in Libyen Chaos und politische Instabilität. Im Jahr 2003 gab das nordafrikanische Land sein geheimes Programm zur Entwicklung von Atomwaffen auf. Unter dem damaligen Machthaber Muammar al-Gaddafi wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren mehr als 2000 Tonnen Uranerz-Konzentrat aus dem Nachbarland Niger importiert.

Genug Material für Bau schmutziger Bombe 
Für Dr. Reinhard Uhrig, den international renommierten Wiener Atomexperten der Umweltorganisation GLOBAL 2000, berge diese atomare Unsicherheit größten Anlass zur Sorge. Zwar handle es sich bei diesem Natururan noch nicht um Brennelemente-fähiges Material, doch bedenklich sei der Schwund in höchstem Maße: Wenn eine solche Menge radioaktiven Materials in die falschen Hände gerate und in Problem-Staaten angereichert werde, müssen alle Warnglocken läuten. Denn diese nicht geringe Menge könne mit vergleichsweise wenig Hightech sofort zum Bau einer schmutzigen terroristischen Bombe eingesetzt werden.

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