Gerichte in Österreich haben im Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Ukraine Auslieferungsanträge ukrainischer Strafverfolgungsbehörden für unzulässig erklärt. Im Justizministerium in Wien ist von drei Fällen seit dem 24. Februar 2022 die Rede. Zuletzt begründete das Landesgericht (LG) Wien die Ablehnung der Auslieferung eines Unternehmers in die Ukraine mit dem Krieg, bestätigte eine Gerichtssprecherin.
Die ablehnenden Entscheidungen seien im Wesentlichen damit begründet worden, dass nach den Feststellungen der österreichischen Gerichte durch die Kriegssituation eine Gefährdung für Leib und Leben dieser Personen in den Haftanstalten in der Ukraine nicht ausgeschlossen werden könne, erklärte eine Sprecherin des österreichischen Justizministeriums der APA am Donnerstag. Daher drohe die Gefahr einer Verletzung von Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), erläuterte sie.
Unternehmer wird nicht ausgeliefert
Mit Verweis auf Artikel 3, der das Verbot von unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe vorsieht, hatte das LG Wien kürzlich die im Zusammenhang mit inkriminierten Wirtschaftsdelikten begehrte Auslieferung von Unternehmer Oleh B. in seine Heimat abgelehnt. Laut Ansicht des Gerichts würden Auslieferungen in Gebiete, in denen großflächig eine Vielzahl an Zivilisten einer Extremsituation wie etwa einem Krieg zum Opfer gefallen ist und nach wie vor fällt, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, berichtete eine Gerichtssprecherin. „Artikel 3 bindet uns grundsätzlich - da gibt es auch eine eindeutige Judikatur höherer Gerichtsinstanzen und keinen großen Interpretationsspielraum“, sagte sie.
Ukrainische Gesprächspartner der APA sehen diese österreichische Positionierung indes kritisch. Auch verdeutlicht das Faktum wiederholter ukrainischer Auslieferungsanträge seit dem vergangenen Jahr, dass die dortigen Strafverfolgungsbehörden trotz Kriegs eine Auslieferung an die Ukraine nichtsdestoweniger für möglich erachten. Unterstützung für diese Auffassung in Kiew kommt aber auch aus Litauen, das selbst die Europäische Menschenrechtskonvention 1995 ratifiziert hat: Nach einem jahrelangen Auslieferungsverfahren lieferte der baltische Staat am Montag einen Ex-Manager eines ukrainischen Staatskonzerns in die Ukraine aus.
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