Entscheidung naht

1,6 Milliarden für neue Bundesheer-Jetflotte

Politik
28.03.2023 15:37

Der lang erhoffte Geldregen beim Bundesheer bricht auch über die Luftstreitkräfte herein: Die Beschaffung einer neuen Jetflotte wird derzeit auf Schiene gebracht, auch die Eurofighter könnten dank der deutschen Bundeswehr Verstärkung bekommen. Die „Krone“ kennt erste Details - und eine erste Summe.

Das Bundesheer wird laut der „Krone“ vorliegenden, internen Unterlagen 1,6 Milliarden Euro unter anderem für die Anschaffung einer komplett neuen, zweiten Jetflotte in die Hand nehmen. Diese soll Trainings- und Überwachungsflüge übernehmen, ähnlich wie die Ende 2020 ausgemusterten Saab 105OE, allerdings zusätzlich mit der Fähigkeit zu Bodenangriffen. Die bereitgestellte Summe ist üppig. Sie liegt nur knapp unter jenem Betrag, der Anfang der 2000er-Jahre für die Anschaffung der kompletten Eurofighter-Flotte gezahlt wurde - damals aber unter anderen Inflationsbedingungen.

Auch Eurofighter-Nachrüstung budgetiert
Inkludiert in den 1,6 Milliarden sind bis zu 18 Unterschall-Jets eines völlig neuen, bislang noch nicht in Österreich eingeführten Typs und die damit verbundene Ausbildung sowie Wartungspakete. Ebenso von der Summe abgedeckt ist die lange geplanten Nachrüstung unserer schon in die Tage gekommenen Eurofighter aus der ersten Bautranche, die erhebliche Defizite bei der Identifizierung von Nachtzielen aufweisen. Diese Nachrüstung sollte drei Punkte umfassen, die immer wieder kolportiert werden: 

  • Die Herstellung einer Nachtkampffähigkeit, also einer Möglichkeit, Ziele in der Nacht zu identifizieren und gegebenenfalls zu bekämpfen. Das kann im einfachsten Fall per Nachtsichtbrille, im zeitgemäßeren Fall per Aufklärungssensoren in einem mitgeführten Pod unter einer Tragfläche geschehen.
  • Die Möglichkeit zum Selbstschutz durch Sensoren, die erkennen, wenn das Flugzeug vom Radar erfasst wird, und automatisch Täuschkörper ausstoßen, wenn eine Rakete im Anflug ist („DASS“)
  • Die Ergänzung der aktuellen Kurzstreckenrakete IRIS-T um reichweitenstärkere Raketen des Typs AMRAAM oder METEOR

Immer wieder die Italiener
Welcher Jet es genau wird, soll bis Sommer entschieden werden. Bei der Typenauswahl wird seit Jahren der M346 des italienischen Herstellers Leonardo genannt, der in einer „FA“-Version mit Radar ausgestattet und darüber hinaus für den Luft-Boden-Kampf optimiert wäre. Das Verhältnis zu Leonardo ist aktuell blendend, erst vor wenigen Monaten wurde bei den Italienern ein weiterer Schwung AW-169-Mehrzweckhelikopter beschafft.

Der italienische M-346 in der FA-Variante mit einem Radar in der Flugzeugnase und verbesserten Luft-Boden-Fähigkeiten. (Bild: Leonardo)
Der italienische M-346 in der FA-Variante mit einem Radar in der Flugzeugnase und verbesserten Luft-Boden-Fähigkeiten.

Außenseiter wieder vorne dabei
Doch ein zweiter Bewerber macht Druck: die lange abgeschriebene L-39NG des tschechischen Herstellers Aero lockt derzeit mit attraktiven Gegengeschäften und soll sich damit wieder ins Spiel gebracht haben. Beide Deals würden, soviel steht fest, als government-to-government-Geschäft abgewickelt werden. Österreich würde als entweder direkt von Italien die M346 beziehen, oder den L-39NG von der Tschechischen Republik. Diese Form der Anschaffung wurde auch bei den AW-169-Hubschraubern gewählt und soll Schmiergeld-Exzesse wie bei der Eurofighter-Beschaffung 2007 verhindern. 

Leicht und vergleichsweise günstig in Betrieb und Anschaffung: der tschechische Jettrainer L-39NG (Bild: Aero)
Leicht und vergleichsweise günstig in Betrieb und Anschaffung: der tschechische Jettrainer L-39NG

Zurück zur Zwei-Flotten-Lösung
Beide Typen fliegen im Unterschall-Bereich und sind allgemein leistungsschwächer als die Eurofighter, dafür sind sie in Betrieb und Anschaffung deutlich günstiger. Von den beiden Bewerbern gilt die M346FA als überlegen, die L-39NG dafür als günstiger. Bis zu 18 Stück sind geplant. Kritiker dieser Zwei-Flotten-Lösung bemängeln, dass der Parallelbetrieb mangels Synergien im Endeffekt teurer ist, als eine Eurofighter-Einflottenlösung mit Ausbildung auf Jettrainern im Ausland. 

Video: Eurofighter bei einer Schießübung in Österreich

Jets kehren nach Linz zurück
Als Standort für die neuen Unterschalljets kommt laut Heeresverantwortlichen nur Linz-Hörsching in Frage: schon rein politisch wäre es aufgrund der Lärmentwicklung kaum möglich, den gesamten Jetbetrieb des Bundesheeres in Zeltweg abzuwickeln, wo bereits jetzt die Eurofighter täglich aus dem Murtal zu ihren Übungs- und Überwachungsflügen starten. Und auch historisch war in Hörsching die Saab 105OE-Flotte stationiert.

Bildgalerie: Saab 105OE prägten jahrzehntelang das Bild über Linz

Vier Eurofighter-Doppelsitzer 
Auftauen dürfte indes das Verhältnis zwischen der Republik und Airbus: unter Mitwirkung des Herstellerkonzerns soll die deutsche Bundeswehr Bereitschaft gezeigt haben, vier ihrer doppelsitzigen Trainings-Eurofighter an Österreich abzugeben. Drei davon seien für den Flugbetrieb gedacht. Offen ist, wieviel Flugstunden damit im Jahr zusätzlich bereitstünden. Aus der Truppe war zu hören, dass Doppelsitzer einem erheblich höheren Wartungsaufwand unterliegen.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hat aktuell viel Geld auszugeben - rund 16 Milliarden gibt es künftig mehr für die Verteidigung. (Bild: Bundesheer, BMLV/Daniel Trippolt, Krone KREATIV)
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hat aktuell viel Geld auszugeben - rund 16 Milliarden gibt es künftig mehr für die Verteidigung.

Tanner: „Müssen Herr im eigenen Haus werden“
Verantworten wird die geplanten Anschaffungen die Verteidigungsministerin: „Der Krieg in der Ukraine zeigt, dass wir im österreichischen Luftraum wieder Herr im eigenen Haus werden müssen“, so Klaudia Tanner zur „Krone“.  „Daher sind Investitionen in die aktive Luftraumüberwachung und eigene Pilotenausbildung essentiell. Und genau das trägt dazu bei, unser gesamtes Bundesheer zu stärken.“

Herkules-Nachfolger
Seit 2007 stehen Doppelsitzer ganz oben auf der Wunschliste des Bundesheeres, da auf ihnen ausgebildet werden kann. Derzeit fliegen beim Bundesheer nur Einsitzer, die Doppelsitzer-Ausbildung findet in Deutschland statt. Am kommenden Montag soll ebenfalls die Ausschreibung des C-130-Nachfolgers fixiert werden, die propellergetriebene „Herkules“ ist am Ende ihrer Lebenszeit. Ihr soll ein leistungsfähiger Transportflieger folgen, hier wird ebenfalls seit Jahren der brasilianische Jet C-390 des Herstellers Embraer oder eine neuere Version der Herkules als Favorit genannt.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt