Misstrauensanträge
Pensionsreform: Stürzt nun Frankreichs Regierung?
Die Ankündigung der Regierung, die höchst umstrittene Pensionsreform ohne parlamentarische Abstimmung durchzusetzen, hat noch mehr Öl ins politische Feuer gegossen, welches derzeit in Frankreich wütet. Nun sieht sich das Kabinett von Premierministerin Elisabeth Borne mit zwei Misstrauensanträgen konfrontiert.
Ein fraktionsübergreifender Misstrauensantrag wurde von der kleinen Zentrums-Mitte-Partei Liot gestellt. „Die Abstimmung über diesen Antrag bedeutet den Ausweg aus der Krise“, sagte Bertrand Pancher, Chef der liberalen Fraktion. Auch Abgeordnete des linken Bündnisses Nupes (Neue ökologische und soziale Volksunion) hätten den Antrag unterzeichnet.
Das rechtsnationale Rassemblement National brachte einen eigenen Antrag ein, der von keiner der übrigen Oppositionsparteien unterstützt werden dürfte. Die Frage ist, ob einige Abgeordnete der konservativen Républicains, die die Reform grundsätzlich unterstützt hatten, für den fraktionsübergreifenden Antrag stimmen und unter Umständen auch rechtsnationale Abgeordnete.
Falls eine absolute Mehrheit der Abgeordneten für den Misstrauensantrag stimmt, ist die Reform abgelehnt und die Regierung muss zurücktreten. Dann könnte Präsident Emmanuel Macron einen neuen Premierminister ernennen oder Neuwahlen ausrufen.
Sollte keine absolute Mehrheit für den Misstrauensantrag zustande kommen, ist die Pensionsreform endgültig verabschiedet. Das Vorgehen der Regierung hatte die seit Wochen anhaltenden Proteste in Frankreich erneut angefacht.
Zentrale Elemente der Reform
Die Pensionsreform gilt als das wichtigste Reformprojekt von Präsident Macron. Das Pensionsantrittsalter wird dadurch von 62 auf 64 Jahre erhöht. Zudem sollen die Mindestpension bei voller Beitragszeit auf 1200 Euro angehoben und die Beschäftigung von Senioren gefördert werden. In letzter Minute hatte die Regierung am Donnerstag die Sorge, dass doch nicht genügend Abgeordnete der Reform zustimmen und griff deshalb zu einem Sonderartikel der Verfassung. Gegen das Vorgehen der Regierung gab es am Freitag landesweit Proteste.
Nächster landesweiter Streik geplant
Am Freitag in der Früh blockierten Demonstranten etwa eine halbe Stunde lang die Pariser Stadtautobahn. Die Gewerkschaft CGT kündigte die Stilllegung einer Raffinerie in der Normandie an. Bisher waren die Raffinerien zwar teilweise blockiert, hatten aber weiter produziert. Auch in anderen Städten wie etwa Rennes und Brest blockierten Protestierende zeitweise Straßen, berichtete die Zeitung „Le Parisien“. Gymnasien und Universitäten wurden teils von protestierenden jungen Leuten blockiert, wie etwa in Clermont-Ferrand und Lille.
Die streikende Müllabfuhr in Paris wurde unterdessen vom Polizeipräfekten zum Dienst verpflichtet, um mit der Beseitigung von rund 9000 Tonnen aufgehäuften Mülls aus den Straßen zu beginnen. Die Behinderungen im öffentlichen Nahverkehr und bei der französischen Bahn blieben am Freitag überschaubar. Die Gewerkschaften planen am nächsten Donnerstag erneut einen landesweiten Streik- und Protesttag.
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