Marie Smretschnig

„Herzenskind“: Adoptierte Grazerin sucht Wurzeln

Nachrichten
18.03.2023 11:00

Drei Tage alt war eine Grazerin, als sie noch vom Spital weg adoptiert wurde. Nun gründete sie eine Selbsthilfegruppe für „Herzenskinder“ - und erzählt in der „Krone“ ihre Geschichte.

Den einen Moment, als Marie erfuhr, dass sie adoptiert worden war, „den gab es so nicht“, erzählt Marie Smretschnig aus Graz heute, mit 30 Jahren. „Ich bin im Wissen aufgewachsen, dass ich ,bei einer anderen Mama im Bauch’ war, aber meine Mama mich furchtbar lieb hat. Das war alles ganz normal für mich, damit ist mein ganzes Umfeld sehr selbstverständlich umgegangen. Erst später erfuhr ich, dass es das Wort adoptiert dafür gibt.“

Die kleine Marie und ihre Adoptivmutter (Bild: Marie Smretschnig)
Die kleine Marie und ihre Adoptivmutter
Marie erlebte eine Kindheit mit viel Liebe und Fürsorge (Bild: Sepp Pail)
Marie erlebte eine Kindheit mit viel Liebe und Fürsorge

In der Pubertät plötzlich Panikattacken
Nie hatte die Grazerin in ihrer Kindheit das hinterfragt - bis die Pubertät kam. „Auf einmal habe ich ganz schlimme Panikattacken und schreckliche Verlassensängste bekommen. Ich habe plötzlich mein ganzes Leben in Frage gestellt. Es hat in mir gebohrt: Was passt an mir nicht, dass die eigene Mutter mich einfach so weggegeben hat?“

Irgendwann wusste sie: Sie braucht Antworten, um ihrem Leben diese Schwere zu nehmen. Sie wollte ihre Wurzeln finden. „Meine Eltern waren großartig. Sie standen immer hinter mir, obwohl sie mich vor einer möglichen Ablehnung beschützen wollten.“

Zitat Icon

Meine Eltern waren großartig. Sie standen immer hinter mir,

Marie Smretschnig

„Heute ist der Tag“
Und die kam. Marie Smretschnig fand 2018 über eine Eintragung in den Adoptionspapieren zuerst ihre leibliche Oma. „Ich habe mit mir gerungen. Eines Morgens bin ich aber aufgewacht und hab mir gesagt: Heute ist der Tag, an dem ich sie aufsuche.“ Als sie vor der Seniorin stand, reagierte diese sehr gefasst, „was ich bewundernswert finde, da sie gar nichts von meiner Existenz gewusst hatte!“

Zwei Schwestern und eine Mutter, die sich schämt
Dann fand Marie heraus, dass sie zwei Schwestern hat. „Ich habe sie aufgesucht, auch sie wussten nichts von mir, waren völlig aus dem Häuschen. Zwölf Stunden lang haben wir uns ausgetauscht.“ Und schließlich stand Marie vor der leiblichen Mutter. „Wir sind uns sofort wortlos in die Arme gefallen, haben nur noch geweint. Sie war furchtbar aufgeregt, ich aber auch.“

Fakten

  • Marie Smretschnig hat eine Selbsthilfegruppe für Adoptierte gegründet. „Ich sehe sie als Plattform für Austausch, Information und gute Gespräche“, stellt die Grazerin klar.
  • Interessierte könnte es genug geben: Im Jahr 2021 wurden allein in der Steiermark 17 Kinder adoptiert, 2019 waren es zehn, 2000 sogar 33.  
  • Warum die Zahlen seither gesunken sind, erklärt Richard Gröller von Affido (Begleitung von Pflegefamilien) so: „Die Hilfe für abgebende Mütter wurde viel besser, damit stehen weniger Kinder zur Adoption.“  

Und Marie bekam ihre Antworten: Dass die Mama bei ihrer Geburt alleinerziehend war, schon zwei Töchter hatte - und sich für das Neugeborene ein besseres Leben erhoffte. Smretschnig: „Sie hat bis zur letzten Minute versucht, dass sie mich irgendwie behalten kann. Sie hatte aber schlicht nicht die finanziellen Mittel, für mich zu sorgen.“ Also: „Es lag nicht an mir!“

Leibliche Mutter blockt zweites Treffen ab
Die Begegnung soll für ihre leibliche Mutter aber brutal gewesen sein: „Sie hat immer wieder geweint, sich entschuldigt, gesagt, dass sie sich so schäme.“ Vermutlich deswegen folgte dem ersten Treffen bisher auch kein zweites, „sie hat das bis jetzt immer abgeblockt“. Abgelehnt - ein zweites Mal.

Marie Smretschnig und ihre Eltern (Bild: Marie Smretschnig)
Marie Smretschnig und ihre Eltern

Eltern fangen sie immer auf
Doch die 30-jährige Informations- und Kommunikationspädagogin kann jetzt damit umgehen. Eingebettet in die Liebe ihres Ehemannes - und die der Eltern, die sie immer auffangen. „Ich bin mit ihnen noch enger als vorher“, sagt Marie. „Sie sind für mich da, egal, was passiert.“

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt