Reisner analysiert
„Wer in Offensive geht, erleidet hohe Verluste“
Groß war die Angst vor der russischen „Frühjahrsoffensive“, doch zu sehen war von ihr bislang wenig. Ebenso hoch die Erwartungen eines großen ukrainischen Gegenschlags, der sich ebenfalls nicht manifestierte. Beide Kriegsparteien scheitern derzeit noch am Vormarsch. Doch der Grund dafür sind nicht nur die schlammigen Tauwetter-Böden der Ostukraine, erklärt Oberst Markus Reisner, Kommandant der Garde in Wien, im „Krone“-Gespräch.
„Jedes Mal, wenn eine der beiden Seiten in die Offensive geht, sind die Verluste enorm, der Vormarsch stoppt“, analysiert Reisner die vergangenen Wochen. „Sollte jemals eine Großoffensive der Russen oder Ukrainer anlaufen, ist dies bereits ein bitterer Vorgeschmack darauf.“
Gescheiterter Angriff in Saporischschja
Was bislang auf beiden Seiten an Sondierungsangriffen zu sehen war, endete meist rasch wieder mit einem Rückzug. Wenn die Fahrzeuge nicht im schlammigen Boden versinken, so bleiben sie in Minenfeldern, Hinterhalten oder Sperren stecken. Zuletzt traf es vor allem die Ukrainer, die im Süden in der Gegend um Saporischschja versuchten, vorzurücken - und in russisches Artilleriefeuer fuhren.
Ein Indiz dafür, dass beide Seiten ihre Verteidigungsstellungen perfektioniert haben. Mit leichten Panzerabwehrwaffen und Artillerie lassen sich so große Gebiete effektiv verteidigen - aber eben nicht einnehmen.
„Rasputiza“ folgt auf „General Winter“
Dazu kommen die schlechten Wetterbedingungen: die warmen Temperaturen haben die gefrorenen Boden auftauen lassen, schwere Fahrzeuge fahren sich fest, auch für die Infanterie ist ein schnelles Vorkommen erschwert. „Die gefürchtete „Rasputiza“, die Schlammperiode im Frühling und im Herbst, ist gerade voll im Gange“, so Reisner. Davon nicht betroffen: der brutale Drohnenkrieg, der seit Beginn des Konflikts die Bodentruppen in ständige Alarmbereitschaft versetzt.
NATO: Erfolglose Russen ohne Fortschritt
Experten der NATO teilen die Einschätzung, vor allem was die russischen Vormarschambitionen betrifft: „Mehr kommt da nicht“, lautete am Wochenende die lapidare Einschätzung eines hochrangigen Beamten. Die Kämpfe verlaufen seit Herbst für Russland ergebnislos. Die festgefahrene Lage in der immer noch nicht genommenen Stadt Bachmut sorge für hohe Verluste und wenig Gebietsgewinne auf russischer Seite. „Das ist die russische Frühlingsoffensive. Genauso sieht sie aus“, so der Experte im Gespräch mit der deutschen Bild-Zeitung.
Zweites Bachmut zeichnet sich ab
Schleichende Fortschritte seien wenn, dann nahe der umkämpften ostukrainischen Stadt Awdijiwka zu sehen. Russische Einheiten hätten in den vergangenen drei Wochen leichte Geländegewinne gemacht, teilte das Verteidigungsministerium in London am Montag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Die Lage gleiche der Situation rund um die weiter nördlich gelegene Stadt Bachmut. Awdijiwka liegt direkt nördlich der Großstadt Donezk und ist damit seit Beginn des Kampfs um den Donbass 2014 eine Frontstadt. Die Stadt sei mittlerweile weitgehend zerstört, so das Ministerium.
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