Der Huchen, die größte Forellenart in Österreich, ist laut einer neuen Studie akut vom Aussterben bedroht. Früher lebte das majestätische, bis zu 30 Kilogramm schwere und 1,3 Meter lange Tier, das auch Donaulachs genannt wird, in mehr als 250 Flüssen und auf mehr als 7400 Kilometern Flusslänge in Österreich und Bayern. „Heute finden wir hier Populationen nur noch in 0,7 Prozent des ursprünglichen Verbreitungsgebiets in sehr gutem Zustand“, so Studienleiter Stefan Schmutz von der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku).
Die Huchen, die ausschließlich im Donaueinzugsgebiet beheimatet sind, kommen flussabwärts lediglich in Restbeständen vor, wie die Gewässerforscher mitteilten. Als Hauptursachen für den Rückgang der Bestände gelten der nicht fischgerechte Betrieb von Wasserkraftwerken, Lebensraum-zerstörende Flussregulierungen, steigende Zahlen an Fressfeinden und steigende Wassertemperaturen durch den Klimawandel.
Besonders problematisch sei der Ausbau der Wasserkraft. „Rund 80 Prozent der Flussstrecken werden derzeit bereits genutzt, weshalb die Wasserkraft in Österreich keinen weiteren wesentlichen Beitrag zur Energiewende mehr leisten kann“, so Schmutz. Bei Solar- und Windenergie gäbe es hingegen noch großes Ausbaupotenzial.
Fischwanderhilfen notwendig
Bestehende Wasserkraftwerke sollten so betrieben werden, dass sie die Fischbestände möglichst wenig belasten, erklärte er. Dazu wären etwa Fischwanderhilfen nötig, durch die auch große Fische wie der Huchen passen. Ausgleichsbecken könnten wiederum Hochwasserwellen und Niederwasser mindern, die durch Ab- und Anschalten der Kraftwerke je nach dem Strombedarf der Menschen entstehen. „Solche Maßnahmen werden trotz entsprechender EU-Gesetze von den Kraftwerksbetreibenden nur sehr zögerlich umgesetzt“, beklagte Schmutz.
„Auch Flussregulierungen degradieren den Lebensraum des Huchen stark“, berichteten die Forscher. In Österreich würden zwar Revitalisierungsmaßnahmen umgesetzt, aber dies geschehe erstens nicht flächendeckend und zweitens sehr langsam. Die stark geschwächten Bestände des Huchens würden zudem durch den Schutz von Fressfeinden wie Fischottern, Gänsesägern und Kormoranen bedroht. Wo noch Huchen vorkommen, sollten diese Fischfresser „entsprechend reguliert werden“, meinte Schmutz.
Der Klimawandel bedroht den Huchenbestand, da die Durchschnittstemperatur der Donau mittlerweile um fast zwei Grad Celsius über früheren Werten liegt.
Studienleiter Stefan Schmutz
„Auch der Klimawandel bedroht den Huchenbestand, da die Durchschnittstemperatur der Donau mittlerweile um fast zwei Grad Celsius über früheren Werten liegt“, erklärte der Forscher. In den Ober- und Mittelläufen würden die Temperaturen erwartungsgemäß am längsten in einem Bereich bleiben, in dem der Huchen überleben kann. Deshalb sollte man vor allem dort für Kühlung sorgen, indem man etwa Uferrandstreifen zur Beschattung errichtet.
Huchen droht auszusterben, bevor er zur Gänze erforscht wurde
Als letztes Glied in der Nahrungspyramide würden Huchen einen guten Indikator für den Zustand des Gewässers darstellen. „Wenn es in einem Fluss wenige Fische gibt, leben dort auch wenige Huchen, was darauf hindeutet, dass das Ökosystem gestört ist“, hieß es in der Aussendung. In der Paarungszeit wandern Huchen - genau wie Lachse - flussaufwärts, um geeignete Laichplätze zu finden. Ob sie zurück zu ihrem Geburtsort schwimmen, sei derzeit noch nicht im Detail erforscht. Deshalb könnte es sein, dass der Huchen ausstirbt, bevor seine Ökologie zur Gänze erforscht werden konnte, so Studienautor Schmutz vom Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement der Boku: „Für mich ist es frappierend, dass beispielsweise der Amazonas-Regenwald in den Medien regelmäßig mit dem Aufruf erscheint, die Biodiversität dort zu schützen, dabei sterben vor unserer Haustür Arten aus.“
Wir stellten uns die Frage, was wir für eine derart bedrohte Fischart noch tun können.
Studienleiter Stefan Schmutz
Vor zwei Jahren entschied sich Schmutz gemeinsam mit dem ehemaligen Boku-Institutsleiter Mathias Jungwirth, die verstreuten Informationen aus bisherigen Studien und Datenbanken zusammenzuführen. „Wir stellten uns die Frage, was wir für eine derart bedrohte Fischart noch tun können“, so Schmutz. Die Analyse wurde zu einer 170 Seiten starken Studie, an der laut eigenen Angaben zahlreiche wissenschaftliche und fachliche Institutionen sowie Fischereivereine und Expertinnen und Experten auf regionaler Ebene aus Bayern und ganz Österreich beteiligt waren.
Kritik gab es an der fehlenden Finanzierung und einer zentralen Anlaufstelle für bedrohte Arten in Österreich. Auch der neu gegründete Biodiversitätsfonds biete bisher keine passenden Möglichkeiten. „Somit mussten wir alle Mitwirkenden einzeln überzeugen, sich an der Studie und damit hoffentlich an der Rettung des Huchens zu beteiligen“, sagte Schmutz.
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