In Niederösterreich will die neue schwarz-blaue Landesregierung in Schulen Deutsch als verpflichtende Pausensprache einführen. Direktoren und Lehrer lehnen diese Pläne aber vehement ab. „Das ist Populismus pur. Das kann man nicht umsetzen, geschweige denn kontrollieren“, kritisierte etwa Wolfgang Bodai, Direktor der HTL Hollabrunn und Sprecher der BHS-Direktoren. Die ÖVP NÖ verteidigte hingegen die Pläne.
Konkret ist im schwarz-blauen Arbeitsübereinkommen vorgesehen, dass Deutsch in Pausen und am Schulhof „durch Aufnahme in die schulautonom zu beschließenden Hausordnungen“ gefördert werden soll.
ÖVP NÖ verweist auf schulautonome Entscheidung
Der Text des Arbeitsprogramms sehe eindeutig vor, dass die Pausensprache Deutsch eine schulautonome Entscheidung sei, betonte Jochen Danninger, Neo-Klubobmann der ÖVP im NÖ Landtag. Bei Brennpunktschulen in urbanen Räumen könnte eine solche Maßnahme hilfreich sein, um Parallelgesellschaften unter Schülern zu überwinden. „Dreh- und Angelpunkt dabei ist die Bildungsdirektion, die die Schulen beraten wird, wie man Deutsch als Pausensprache in der Hausordnung wirkungsvoll und korrekt verankern kann“, sagte der Klubobmann.
Es ist unstrittig, dass das Erlernen und der aktive Gebrauch der deutschen Sprache im Schulalltag wichtig sind, damit die Integration von Kindern und Jugendlichen gelingen kann.
Jochen Danninger, Neo-Klubobmann der ÖVP im NÖ Landtag
BHS-Sprecher ortet Widerspruch
Für Wolfgang Bodai steht diese Vorgabe der Landesregierung allerdings im Widerspruch dazu, dass die Schulordnung autonom vom Schulgemeinschaftsausschuss (bestehend aus Schülern, Eltern und Lehrern) gemeinsam mit der Schulleitung erstellt wird. Auch inhaltlich kann er mit der Vorgabe nichts anfangen.
Direktoren-Sprecherin: „Nicht umsetzbar“
Widerspruch kommt auch von Isabella Zins, der Sprecherin der AHS-Direktoren. „Das ist vielleicht eine Schlagzeile oder eine Headline in einem Regierungspapier, aber etwas, das nicht umsetzbar ist“, kritisierte sie im Ö1-„Morgenjournal“. Sie kenne keine einzige Studie, die die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme bestätige. Außerdem „passt dieser Zwang aus meiner Sicht nicht zur Schulautonomie und auch nicht zur Kultur, die an unseren Schulen gepflegt wird“, so die Direktorin des Bundesoberstufenrealgymnasiums in Mistelbach.
Es würde die Beziehung von Lehrern und Schülern belasten, wenn Lehrer in den ohnehin kurzen Pausen „Sprach-Polizist“ spielen müssten, und man müsse auch an die Auswirkungen etwa auf die ukrainischen Schülerinnen und Schüler denken. Wenn die Kinder im Spiel verschiedene Sprachen nutzen würden, sehe sie das außerdem eher als Bereicherung und nicht als Nachteil.
Wenn die Kinder im Spiel verschiedene Sprachen nutzen, sehe ich das eher als Bereicherung und nicht als Nachteil.
Isabella Zins, Sprecherin der AHS-Direktoren
Appell an Politik: Angebote zur Sprachförderung ausbauen
Der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) hält den Plan ebenfalls für „weder zielführend noch machbar“: „Lehrer sind keine Polizisten, sondern haben sich um die Pädagogik zu kümmern.“ Er stellte auch die Frage, was ein Lehrer in der Praxis tun sollte, falls ein Schüler etwas in seiner Muttersprache sagt. „Kriegt er dann ein Organmandat oder wie stellt man sich das vor?“ Kimberger plädiert stattdessen für mehr Angebote zur Sprachförderung. Hier gebe es erheblichen Bedarf und das Beherrschen der Unterrichtssprache Deutsch sei schließlich entscheidend für den Schulerfolg.
Lehrer sind keine Polizisten, sondern haben sich um die Pädagogik zu kümmern.
Der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG)
Polaschek will NÖ-Pläne nicht kommentieren
Wenig ins Detail gehen wollte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP): „Was Niederösterreich versucht, ist eine Empfehlung, die ich hier nicht weiter zu kommentieren brauche“, meinte er am Dienstag. Er sehe jedenfalls keinen Anlass, auf Bundesebene tätig zu werden. Es werde an den Schulen liegen, ob und wie das umgesetzt wird. Insgesamt sprach er von einem „interessanten Zugang“: „Man wird sehen, wie das funktioniert.“
Ähnliche Pläne sind in Oberösterreich gescheitert
In Oberösterreich ist der Plan der schwarz-blauen Regierung, Deutsch als Pausensprache rechtlich zu verankern, vor Jahren an Bedenken des Bundeskanzleramts-Verfassungsdienstes gescheitert.
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