Schlechte Bedingungen

Krisen und Teuerung: Personal im Tourismus fehlt

Österreich
23.03.2023 14:43

Die Aufbruchstimmung nach der Coronapandemie währte in der Tourismusbranche nur kurz. Denn die Energiekrise, Teuerung und der Arbeitskräftemangel machten dem erhofften Aufstieg wieder einen Strich durch die Rechnung.

Bei einem Tourismus-Symposium der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) in Großarl im Salzburger Pongau beleuchteten Experten die „problematische Beschäftigungssituation“ und suchten nach Lösungen. Denn derzeit fehlen rund 30.000 Arbeitskräfte in der Branche.

Die gute Nachricht zuerst: „Die Buchungslage ist sehr gut“, sagte WKÖ-Bundesspartenobmann Robert Seeber. „Der Tourismus ist sehr resilient. Und die Menschen sehnen sich nach Urlaub. Sie wollen versäumte Freizeitaktivitäten nachholen. In Österreich ist für jede Brieftasche etwas dabei“, betonte er am Mittwochabend bei einem „Kamingespräch“ im Fünf-Sterne-Hotel „Edelweiss“ in Großarl.

Die Gastronomie- und Tourismusbranche kämpft mit schlechten Arbeitsbedingungen, enormem Zeit- und Arbeitsdruck, Gehältern, von denen man nicht leben kann und der Missachtung von arbeitsrechtlichen Bestimmungen. (Bild: Stefan Fuertbauer)
Die Gastronomie- und Tourismusbranche kämpft mit schlechten Arbeitsbedingungen, enormem Zeit- und Arbeitsdruck, Gehältern, von denen man nicht leben kann und der Missachtung von arbeitsrechtlichen Bestimmungen.

Angestellte wollen weniger arbeiten
Und dennoch: Der Tourismus erlebe wegen der Teuerungswelle, der hohen Energiekosten und der Personalproblematik „sehr herausfordernde Zeiten“, erklärte Seeber. Die Beschäftigungssituation nach Corona bewertete Oliver Fritz vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) zwar als gut.

Mehrere Faktoren machen aber auch der Tourismusbranche zu schaffen: Die steigende Tendenz an Teilzeitkräften - der Anteil beträgt bereits 42 Prozent - fehlende Kinderbetreuungsplätze, der Fachkräftemangel sowie der Rückgang an inländischem Arbeitskräftepotenzial und der Rückgang der durchschnittlichen Arbeitszeit. „Der Wunsch, weniger zu arbeiten, ist ein starker“, sagte Fritz.

Mehr offene Stellen als je zuvor
Laut WKÖ gab es auf dem gesamten österreichischen Arbeitsmarkt noch nie so viele offene Stellen wie heute. Derzeit fehlten rund 230.000 Arbeitskräfte. Der Arbeitskräftebedarf steige deutlich, gleichzeitig sinke die Zahl der Erwerbstätigen weiter. Im Jahr 2040 würde sich eine zusätzliche Lücke von rund 360.000 offenen Stellen auftun, wenn nicht gegengesteuert werde. In der Beherbergung und Gastronomie würde es einen zusätzlichen Bedarf von rund 20.000 Arbeitskräften geben.

Die Maßnahmen gegen die Arbeitskräfteknappheit müssten sich nach der Ursache für den Engpass richten. Gegensteuern könne man durch eine Ausbildungsoffensive, Attraktivierung der Arbeitsbedingungen, Erhöhung des Arbeitskräfteangebots durch Hebung des inländischen Arbeitskräftepotenzials und durch Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte, erläuterte Fritz.

Lohnraub, Ausbeutung, Perspektivenlosigkeit und extreme Ausmaße an Überstunden sind in der Branche keine Seltenheit. (Bild: Robert Herbst – pov.at)
Lohnraub, Ausbeutung, Perspektivenlosigkeit und extreme Ausmaße an Überstunden sind in der Branche keine Seltenheit.

Demografische Entwicklung mitverantwortlich
Dass Arbeitskräfte in Österreich und in anderen europäischen Ländern knapp geworden sind, führte Fritz auch auf die demografische Entwicklung zurück. Allerdings sei das Arbeitskräftepotenzial im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren noch nicht ausgeschöpft, vor allem bei den Älteren „gibt es noch großes Potenzial“. Hier könnte man noch bis zu 360.000 Beschäftigte zusätzlich finden. Bei den „Nicht-Erwerbspersonen“, zum Beispiel Frauen, die wegen der Kinderbetreuung zu Hause bleiben, mache die stille Reserve plus 84.000 aus. Und bei Teilzeitbeschäftigten mit Wunsch nach längerer Arbeitszeit gebe es ein Potenzial von plus 234.000.

Österreicher „werden schneller krank“
Generell sei der Faktor Arbeit in Österreich zu teuer, dieser solle steuerlich entlastet werden. „Wir müssen es auch schaffen, dass die Überstunden steuerfrei werden, nicht nur der Zuschlag“, sagte Wirtschaftstreuhänder Josef Reiter. Er gab zu bedenken, dass die Österreicherinnen und Österreicher im Vergleich zu anderen europäischen Ländern „schneller krank werden“. „Hier muss man versuchen, die Arbeitskräfte so lange wie möglich im gesunden Zustand zu erhalten.“

Für ältere Arbeitskräfte sei der Tourismus aufgrund der Arbeitsbedingungen „nicht die supertolle Branche“, meinte Reiter. Ein Kellner im Alter von Ende 50 würde nicht mehr so viel aushalten wie ein 26-Jähriger. Hier ist die Kreativität der Gastronomen und Hoteliers gefragt, um die Arbeitsbedingungen attraktiver zu gestalten", schilderte Seniorchef Peter Hettegger.

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