Politische Einflussnahme auf die Medien ist eine gefährliche Sache. Das erläutert „Krone“-Autor Harald Petermichl in seiner neuen Kolumne. Den Fall der kürzlich von der BBC für kurze Zeit suspendierten England-Ikone Gary Lineker hat er sich dabei genauer angeschaut.
Gary Lineker war keine vier Jahre alt und der englische Teamchef hieß Alf Ramsey, als die BBC am 22. August 1964, in schwarz-weiß und auf den Großraum London beschränkt, zum ersten Mal Match of the Day (MOTD) ausstrahlte. Nächstes Jahr wird die legendäre Fußballsendung 60 und ist seit 1999 ohne ihren presenter Gary Lineker („Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach und am Ende gewinnen immer die Deutschen“) gar nicht denkbar. Wegen einer verlorenen Wette hat er sogar schon in Boxershorts durch die Sendung geführt, als 2016 sein Heimatverein Leicester City englischer Meister wurde. Und nun hat es kürzlich eine Ausgabe ohne ihn gegeben.
Was war passiert? Nicht in der Sendung, sondern in einem privaten Tweet hatte Lineker aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht und die skandalösen Pläne für ein neues Gesetz, das vorsieht, Asylanträge unmöglich zu machen und die Betroffenen in Lagern zu internieren, um sie dann nach Ruanda zu deportieren, mit klaren Worten harsch kritisiert, was umgehend einige Rechtsaußen der Tories dazu brachte, sich in Dinge einzumischen, die sie nichts angehen und den Sender aufforderten, Lineker zu suspendieren, was der von allen good ghosts verlassene Generaldirektor Tim Davie tatsächlich auch tat und so ein denkwürdiges Chaos anrichtete: MOTD fand tatsächlich ohne Lineker statt und weitere TV-Experten wie Alan Shearer oder Ian Wright sowie zahlreiche Kommentatoren und Spieler erklärten ihren solidarischen Boykott, um zu zeigen, was sie vom Versuch, das Gesicht von MOTD mundtot zu machen, halten.
Mittlerweile ist die BBC in bester Oxford-Cambridge-Manier zwar zurückgerudert und MOTD hat seinen presenter wieder, aber allein der dreiste Versuch, Einfluss auf ein unabhängiges Medium zu nehmen, gerade im Zusammenhang mit Asylthemen, gibt Anlass zu größter Sorge. Hierzulande übrigens auch, wo es ebenfalls ständig Begehrlichkeiten von rechts gibt, die Freiheit der Medien zu beschneiden. Denn wenn eine Niederösterreich-ÖVP, die sich angesichts ihres Mottos „Machterhalt um jeden Preis“ die Frage gefallen lassen muss, ob sie überhaupt noch Herrin ihrer Sinne ist, die Themen Sicherheit, Asyl und Zivilschutz der Firma Bock & Gärtner, also der FPÖ anvertraut, kann einem angst und bang werden. Darüber kann selbst das Schmunzeln darüber, dass Lineker sein eingangs erwähntes Deutschland-Bonmot im Wüstenadvent schlagfertig um den Satz „Wenn sie es durch die Gruppenphase schaffen“ ergänzt hat, nur bedingt hinwegtrösten.
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