Annemarie Moser-Pröll feiert ihren 70er. Sie feierte unglaubliche Triumphe - aber die erfolgreichste Skifahrerin Österreichs blieb immer bescheiden.
Als sie noch ein Mädchen war, gab es in ihrem Heimatort Kleinarl im Salzburger Pongau nur zwei Fernsehgeräte. Vor diesen versammelte sich die Jugend regelmäßig, um ihre Idole Karl Schranz, Traudl Hecher und Co. zu bewundern. Und schon mit zehn Jahren wusste die kleine Annemarie Pröll, dass sie Skirennfahrerin werden würde. Nur vier Jahre später wollte es der Zufall, dass sie mit der Abfahrts-Olympiasiegerin von 1964, Christl Haas, mit dem Lift den Berg hinauffuhr. „Was willst du denn einmal werden?“, fragte Haas das junge Mädel. „Weltmeisterin“, kam wie aus der Pistole geschossen die Antwort der 14-Jährigen.
Als Annemarie Moser-Pröll 1980 für immer die Skier ins Eck stellte, war sie fünffache Weltmeisterin, Olympiasiegerin, sechsfache Gesamtweltcupsiegerin und Gewinnerin von 62 Einzelrennen – womit sie bis heute die erfolgreichste österreichische Skifahrerin ist.
Morgen wird die Ausnahmesportlerin 70 Jahre alt, und sie ist bis heute die grade, naturbelassene, sympathische Person geblieben, die sie schon als junges Mädel zu einem der ersten Popstars im Skizirkus gemacht hatte.
Wobei sie mit ihrer Popularität in der ersten Hälfte ihrer Karriere nicht umgehen konnte: „Mir war das alles zu viel. Ich wollte nur Skifahren. Dann waren bei meinem ersten Weltcupgesamtsieg 10.000 Leute in Kleinarl – und ich konnte das nicht genießen, sondern dachte nur: Die spinnen doch alle und erdrücken mich innerlich.“
Mit Erfolgen ganz allein
Sie war eine Popularitätsgigantin, aber halt auch die bescheidene Bergbauerntochter, die im Prinzip nur Spaß am Skifahren haben wollte: „Man kann sich das heute mit den ganzen Betreuerstäben ja gar nicht mehr vorstellen. Aber ich war ganz allein mit meinen Erfolgen, da gab es keinen, der einem einmal ein bisschen geholfen hätte, mit all dem umzugehen.“
Aber um Erfolg zu haben, dafür brauchte diese Naturgewalt auf Skiern niemanden: „Ich bin an den Start gegangen und habe mir eingeredet, dass ich gewinne, weil ich die Beste bin. Einen Mentaltrainer hätte ich nicht gebraucht.“ Sie war eine Ausnahmeerscheinung, und das gestehen ihr auch erbitterte Rivalinnen von einst zu. Die Schweizerin Marie-Theres Nadig, die der haushohen Favoritin Moser-Pröll bei Olympia 1972 in Sapporo in Abfahrt und Riesenslalom Gold weggeschnappt hatte und nun zum 70er als Überraschungsbesuch in Kleinarl auftauchte, sagt: „Ich habe mich nie auf einer Stufe mit ihr verglichen, ob ich nun Doppel-Olympiasiegerin war oder nicht. Sie war trotzdem höher als ich.“
Für das große Geld zu früh
Für die Öffentlichkeit waren das aber die publikumswirksamen Prestige-Duelle – mit Nadig, mit Monika Kaserer im eigenen Team und später mit der Liechtensteinerin Hanni Wenzel. Nur für Annemarie gab es so etwas nie: „Ich bin nur für mich selbst gefahren. Mir war immer egal, wer hinter mir die Zweite ist“
Dass das große Geldverdienen mit dem Skifahren (zumindest offiziell) erst nach ihrer Zeit begonnen hat, nimmt sie locker: „Da hätte ich mir halt kein Kaffeehaus gekauft, in dem ich auch selbst Mehlspeisen gebacken habe, sondern eine Alm. Aber für mich passt das so, wie es gewesen ist.“
Ihren 70er begeht sie auf drei Raten. Samstag feierte sie im kleinen Kreis mit Tennisfreunden, den Sonntag verbringt sie mit Tochter Marion, 40, und Enkel Elias, 20 – und den eigentlichen Geburtstag am Montag? „Der gehört mir allein“, sagt Annemarie. Und zwar zum Genießen, nicht zum Sinnieren. Denn auf die Frage, wie sie sich mit 70 fühlt, antwortet sie so cool und entspannt, wie sie ihr ganzes Leben angelegt hat: „Nicht anders als mit 69.“
Wolfgang Maria Gran
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