Der Nachfolger des Aventador heißt Revuelto, ist über 1000 PS stark und gleichzeitig Lamborghinis erstes Hybridmodell. Wer den Zwölfzylinder-Boliden haben will, muss warten. Bereits vor der Weltpremiere sind zwei Jahresproduktionen ausverkauft.
Die Autowelt treibt manchmal seltsame Blüten. Da kündigt Lamborghini den Nachfolger des Aventador an, zeigt einer ausgewählten Kundschaft rund um den Globus lediglich einige Skizzen, verrät ein paar technische Eckdaten, und was passiert? Knapp 3000 Männer können einfach nicht widerstehen und bestellen den neuen Supersportler sofort. Damit ist die Produktion von zwei Jahren bereits ausverkauft. Und dies, ohne dass Lamborghini damals überhaupt einen Preis genannt hat. Unwichtig in dieser Liga.
Er wird natürlich höher liegen als jener des Aventador. Durchgesickert im Netz sind Zahlen von um die 500.000 Euro plus Steuer. Ende dieses Jahres sollen die ersten Fahrzeuge ausgeliefert werden. Tradition bei Lamborghini ist es, dem Neuling jeweils nicht nur einen anderen Namen zu verpassen, sondern es muss auch der eines berühmten spanischen Kampstiers sein. Die Wahl fiel auf Revuelto. Das Tier soll 1880 angeblich acht Mal - vermutlich aus Angst - über die Bande in die Zuschauerränge gesprungen sein, bevor ihm der Torero den finalen Stoß verpasste.
Zwölf Zylinder, drei Elektromotoren
Der Revuelto dürfte neue Maßstäbe in der Markengeschichte von Lamborghini setzen und strotzt nur so vor Superlativen. Alles an ihm ist neu, nichts wurde vom Vorgänger übernommen. Unter der Carbon-Karosserie - selbst die vordere Crashstruktur besteht aus dem superleichten Werkstoff - steckt ein bislang einmaliges Antriebskonzept. Die Ingenieure aus Sant’Agata Bolognese entwickelten einen komplett neuen Hochdrehzahl-Zwölfzylinder, längs eingebaut und platziert als Mittelmotor. Die Vorderachse treiben zwei Elektromotoren an. Im hinten quer angebrachten 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe sitzt ein weiterer E-Motor, dessen Hauptaufgabe das Starten des V12 sowie das Laden der Batterie ist. Der Hochvoltspeicher (3,8 kWh Kapazität) sitzt wie ein dicker Balken zwischen den Sitzen unter einem mächtigen Mitteltunnel.
Ein Kilo Leistung
Der Revuelto kommt in Summe auf unglaubliche 1015 PS und gilt konzeptionell als Plug-in-Hybrid (PHEV), obgleich die elektrische Reichweite lediglich nur rund zehn Kilometer beträgt. Lamborghini betrachtet seinen neuen Renner daher als HPEV, als High Performance Electrified Vehicle. Entsprechend überirdisch sind die Fahrwerte. Im Bestfall (Launch Control) katapultiert sich der Revuelto in nur 2,5 Sekunden von null auf 100 km/h. Die Marke von Tempo 200 lässt er in weniger als sieben Sekunden hinter sich. Danach geht es zügig weiter, bis schließlich bei 350 km/h die Fahrwiderstände die Oberhand bekommen. Zu allem verspricht Entwicklungschef Rouven Mohr eine nie gekannte Reaktionsfreudigkeit in Sachen Fahrdynamik.
Kante, Koffer und Carbon
Erwartungsgemäß haben die Designer das Cockpit wie eine Pilotenkanzel eingerichtet. Die kantige Optik der Außenhaut findet sich auch im Innenraum wieder, kombiniert mit der heute gängigen Digitalisierung. Im Revuelto ist der mittige Touchscreen vertikal ausgerichtet. Selbst die Person auf dem Beifahrersitz geht nicht leer aus, hat einen eigenen Bildschirm. Infos können sogar per Wischen vom zentralen auf das rechte Display übermittelt werden.
Zudem dürfen sich die Insassen über eine Menge an sichtbarem Carbonfiber, Leder und der neu entwickelten Recyclingfaser Dinamica freuen. Und auch darauf, dass sich etwas Wochenendgepäck (zwei Handgepäcks-Trolleys) unterbringen lässt. Platz dafür wurde unter der Fronthaube geschaffen. Zusätzlich gibt es etwas Stauraum hinter den Sitzen. Hier soll sogar - schwer vorstellbar bei einem Blick in den „Fond“ - eine Golftasche hineinpassen.
Der Stärkbestleichteste bisher
Das Herz des Revuelto bleibt natürlich sein Zwölfzylinder, ein Motorkonzept, das seit Gründung der Firma untrennbar mit der Marke verbunden ist. Klar, dass die jüngste Schöpfung (interner Code: L545) das leichteste und stärkste V12-Aggregat ist, das Lamborghini jemals zusammengeschraubt hat. Minus 17 Kilogramm im Vergleich zum Aventador-Motor und im Einbau um 180 Grad gedreht. 6,5 Liter Hubraum sind bei 9250/min gut für 825 PS. Wer es herunterrechnet, endet bei einer Literleistung von 128 PS. Auch dies ein Rekord im Hause Sant’Agata Bolognese. Genau wie die 725 Newtonmeter an Drehmoment. Der Sound des Zwölfenders soll übrigens martialisch-schrill sein. Gänsehaut angeblich garantiert.
Umso ruhiger geht es zu, rollt der Revuelto elektrisch angetrieben über den Asphalt. Hier kommen unter Normalbedingungen die beiden vorderen E-Motoren ins Spiel, jeweils 150 PS stark. Auf Abruf kann aber auch die hintere E-Maschine - mit ebenfalls 150 PS- zugeschaltet werden.
Vier Fahrmodi mit 13 unterschiedlichen Setups stehen insgesamt zur Verfügung. Citta bezeichnet das elektrische Fahren, Strada ist der normale „Komfortmodus“, bei Sport geht es in Richtung Fahrspaß und heckbetontem Antrieb, Corsa schließlich schärft alle Sinne für den Rundkurs.
Es wird langsam elektrisch bei Lamborghini
Mit dem Revuelto beginnt Lamborghini seine Elektrifizierungsstrategie. Man möchte bis 2025 seinen CO2-Ausstoß um 50 Prozent, bis 2030 gar um 80 Prozent reduzieren. 2024 erhält der Urus den Plug-in-Antrieb aus dem Audi Q8. Das Nachfolgemodell des Huracán fährt im selben Jahr mit neuem Namen und Powerhybrid vor, ähnlich dem im Revuelto. Für 2025 steht die Vorstellung des Revuelto Roadster auf dem Programm. Erst 2028 wird es als vierte Baureihe dann den ersten Vollstromer der italienischen Sportwagenmarke geben. Schließlich gilt es, die benzingetriebene Kundschaft behutsam an den Wechsel heranzuführen. Michael Specht/SPX
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.