Das Verhältnis zwischen ÖVP und Grünen ist (wieder einmal) unterkühlt. Der Sager von Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) zu seiner Sehnsucht nach einem Bündnis mit SPÖ und NEOS auf Bundesebene nach der nächsten Nationalratswahl sorgt für neue Aufregung innerhalb der Koalition. Die Hauptdarsteller rudern mittlerweile zurück und kalmieren.
Donnerstagvormittag im Parlament. Vizekanzler Werner Kogler versucht, bei Reden Aufmerksamkeit zu suggerieren. Sein Blick ist müde und schweift ab. Der Chef der Grünen wirkt ein wenig abgenutzt - wie die Beziehung zu seinem türkisen Koalitionspartner. Immer wieder muss er Reibereien kleinreden. Vor allem das „No“ der Kanzlerpartei zur Mietpreisbremse, die so vielen das Leben erleichtert hätte, färbt grüne Gesichter zornesrot.
Rauchs Sager sitzt
Dann der Sager von Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) zu seiner Ampelsehnsucht: Auf die Frage von SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch, was nach der Aussetzung der Aliquotierung von Pensionen in zwei Jahren passiere, meinte Rauch: „Dann ist gewählt worden, und ich gehe davon aus, dass es eine Regierung mit der SPÖ, im besten Fall gemeinsam mit NEOS und Grünen, geben wird.“ Der Satz sitzt.
Ich gehe davon aus, dass es eine Regierung mit der SPÖ, im besten Fall gemeinsam mit NEOS und Grünen, geben wird.
Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) über seinen Koalitionswunsch nach der nächsten Nationalratswahl
Zurückrudern und Betonung von Gelassenheit
Die Regierung versucht zu kalmieren. „Es ist ihm in der Emotion herausgerutscht. Er hat sich bei uns gemeldet und entschuldigt“, heißt es aus dem ÖVP-Klub. Kanzler Karl Nehammer bleibt gelassen. Gelassenheit gehöre generell zum Regieren. Zudem habe Rauch seine Aussagen auch schon relativiert.
Tatsächlich verwies er tags darauf auf gemeinsame Sozialprojekte. Doch entfleuchen solche Worte nicht nach Zufallsprinzip wie Lottozahlen. Sie müssen als Gedanken reifen. Sie tun das in nicht wenigen Grünen.
Schwierige Beziehungen, wichtige Verbinder
Dissonanzen gab und gibt es auch zwischen der grünen Justizministerin Alma Zadić und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) - Blockaden bei rechtlichen Reformen. Erschwerend wiegt, dass die WKStA seit geraumer Zeit gegen ÖVP-Leute ermittelt, was letztlich zum Ende der Ära Kurz führte. Und Minister Rauch ist wenig erfreut über Pläne von Finanzminister Magnus Brunner bei Pensionen.
„Nehammer und Kogler können gut miteinander“
„Karl Nehammer und Werner Kogler können sehr gut miteinander. Gleiches gilt für Klubobmann August Wöginger und Klubobfrau Sigi Maurer“, tönt es reflexartig aus dem türkis-grünen Harmonietempel.
„Auch wenn die Fassade bröckelt - das Gebäude wird halten“
Diese Klammern sehen auch Experten wie Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle. Auch wenn die Fassade bröckelt, so werde das Gebäude halten, glaubt auch Politikanalyst Thomas Hofer. „Beide positionieren sich langsam auf ihre Zielgruppen mit Blick auf die Wahlen 2024. Dabei wird aus dem einst ,Besten aus beiden Welten‘ der ,Rest aus beiden Welten‘.“ Wesentlich sei die Entwicklung der schlingernden SPÖ. „Ich denke aber nicht, dass ÖVP und Grüne nach einem Exit suchen. Die Zeit ist noch nicht reif.“
Ich denke aber nicht, dass ÖVP und Grüne nach einem Exit suchen. Die Zeit ist noch nicht reif.
Politikanalyst Thomas Hofer
Schlechte Werte und strategische Gedanken
Vor allem sprechen schlechte Umfragewerte gegen einen Bruch. Hofer: „Zudem können die Grünen in einer Zweierkoalition mehr punkten als in einer Ampel.“ Stainer-Hämmerle sagt, Grün wolle Projekte umsetzen, die ÖVP vielleicht Neuwahlen, weil sie eine Mehrheit mit der FPÖ sehe. „Aber sie braucht einen Vorwand.“
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