„Krone“-Interview

Lainer: „Ich will mein Leben nicht verkaufen“

Salzburg
30.03.2023 20:20

Stefan Lainer erlebt derzeit eine schwierge Phase in seiner Fußballer-Karriere. In Gladbach muss er häufig mit der Reservistenrolle vorlieb nehmen, ins ÖFB-Team wurde er zuletzt nicht einberufen. Im Interview mit der „Krone“, die den 30-Jährigen im Borussia-Park traf, zeigt sich „Stevie“ allerdings kämpferisch.

„Krone“: Stefan, du warst jahrelang auf deiner Position als Rechtsverteidiger gesetzt, wurdest zuletzt aber nicht einberufen. Gibt es Kontakt zu Teamchef Ralf Rangnick?
Stefan Lainer: Er hat im Herbst länger mit mir gesprochen, im Winter wieder. Da hat er mir auch einige Tipps mitgegeben, was ich als sehr positiv empfunden habe. Wir hatten einen guten Austausch, er hat aber auch klar gesagt, dass ich ein Spieler bin, der den Rhythmus braucht und Woche für Woche spielen muss. Da das nicht der Fall war, kann ich verstehen, dass er mich nicht einberufen hat. Ich will aber unbedingt zurückkommen!

Das Feuer fürs Team brennt?
Ganz sicher! Wenn man die Spiele von zuhause aus mitverfolgt, dann tut das weh. Wir haben eine sehr coole Mannschaft, es macht immer Spaß, für Österreich aufzulaufen. Daher will ich so schnell wie möglich wieder dabei sein - und bei einem großen Turnier wie der EM 2024 in Deutschland umso mehr. Ich war bei der letzten EURO Teil des Teams, da waren wir sehr erfolgreich. Ralf Rangnick will, dass ich in Topform bin, dann komme ich sicher wieder für die Auswahl in Frage.

In Gladbach hast du keine einfache Zeit, im Winter wurde über einen Wechsel spekuliert. Wie siehst du die aktuelle Situation?
Die ist nicht zufriedenstellend für mich. Das weiß der Verein. Sollte sich das nicht ändern, müssen wir gemeinsam eine Lösung finden, weil ich keiner bin, der sich mit der Ersatzrolle begnügt. Da heißt es, mit offenen Karten zu spielen und ein ehrliches Gespräch zu führen. Ich habe einen gültigen Vertrag, Gladbach hat daher die Zügel in der Hand.

Stefan Lainer will unbedingt zurück ins Nationalteam - zuvor geht es darum, in Gladbach wieder einen Stammplatz zu erobern. (Bild: Christoph Nister)
Stefan Lainer will unbedingt zurück ins Nationalteam - zuvor geht es darum, in Gladbach wieder einen Stammplatz zu erobern.

Wie hast du das bisher mit dem Klub besprochen?
Ich habe meine Vorstellungen dem Klub gegenüber klar kommuniziert. Während der Meisterschaft macht es aber Sinn, sich nicht permanent damit auseinanderzusetzen, sondern sich aufs Tagesgeschäft zu konzentrieren. Ich konnte beim Trainer in der Vorbereitung einen sehr positiven Eindruck erwecken und war im Frühjahr das eine oder andere Mal in der Startelf dabei - das war im Herbst nie der Fall. Ich bin gut beraten, weiter Vollgas zu geben, und genau das mache ich. Jetzt bin ich wieder topfit, körperlich auf einem anderen Level und möchte wieder angreifen.

Du erlebst ein Auf und Ab, darfst mal spielen, sitzt dann wieder auf der Bank. Wie gehst du damit um?
Für den Kopf ist es eine große Belastung. Ich mache mir viele Gedanken - über jede Situation. Jeder Fehler kann dazu führen, dass du aus der Mannschaft fliegst. Was positiv ist: Ich bin wieder im Kopf des Trainers und eine Option, weil ich einige Spiele machen konnte. Ganz befreit kann ich aber nicht sein, weil es jederzeit sein kann, dass ich wieder raus bin aus dem Team.

Mit wem tauschst du dich aus, um das aufzuarbeiten?
Ich rede mit der Familie darüber, aber auch mit Kollegen, denen es ähnlich geht. Generell muss man versuchen, es locker zu sehen. Für mich ist das aber nicht einfach, weil ich einer bin, der jede Woche spielen will. Ich darf nicht verkrampfen, muss aber auch immer liefern, wenn ich eine Chance erhalte. Ich versuche daher, das Bestmögliche rauszuholen. Ich bin 30 Jahre alt, in einem super Fußballer-Alter und sehe keinen Grund, der dagegenspricht. Außer, dass ich jetzt eben kaum spielen kann.

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Ich habe meine Vorstellungen dem Klub gegenüber klar kommuniziert. Während der Meisterschaft macht es aber Sinn, sich nicht permanent damit auseinanderzusetzen, sondern sich aufs Tagesgeschäft zu konzentrieren.

Gladbach-Legionär Stefan LAINER

Du bist seit 2019 in Gladbach und damit Teil einer der größten Ligen der Welt, ihr werdet regelmäßig von über 50.000 Fans unterstützt. Wie viel positive Energie kann man daraus ziehen?
Auf jeden Fall ist es genial, wenn ich auf die Zeiten in der Europa League und der Champions League zurückblicke. Gerade die ersten zwei Jahre unter Marco Rose waren voll mit Highlights, die man nicht vergisst. Das nehme ich mit, bei mir überwiegt auch auf jeden Fall das Positive hier. Die Fans in Gladbach sind unglaublich! Obwohl wir nicht immer atemberaubend spielen, ist es hier jedes Mal bummvoll und kommen 50.000 Leute. Gladbach ist ein toller Verein, bei dem es richtig Spaß macht. Wenn ich im Derby in Köln am Sonntag spielen sollte, wäre manch negativer Gedanke auch schnell wieder verflogen. Für meine persönliche Stimmung war es zuletzt aber zu oft so, dass ich nicht spielen konnte. Auch, dass ich im Nationalteam nicht mehr dabei bin. Ich fühle mich aber top und will diese besonderen Momente wieder erleben.

Du bist verheiratet, hast einen Sohn. Inwieweit hilft dir deine Familie, wenn es mal nicht läuft?
Sie gibt mir extrem viel Energie! Gerade bei meiner schweren Verletzung (Knöchelbruch im Sommer 2021, Anm.) war dieser Halt sehr wichtig. Trotz Gipsfuß, mit dem ich ständig auf der Couch lag, war es eine schöne Zeit. All diese positiven Dinge mit meiner Familie lassen die fußballerischen Probleme weniger schlimm erscheinen. Unser Sohn ist ein absolutes Highlight, er wird bald zwei Jahre alt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Spielern hältst du dein Privatleben tatsächlich sehr privat und gewährst keine Einblicke in den sozialen Medien. Was sind deine Beweggründe?
Ich halte mich bewusst zurück. Wenn du das machst, dann musst du es ‚gscheit‘ tun. Natürlich kann man damit Geld verdienen, aber das ist es mir nicht wert. Ich will mein Leben nicht verkaufen und für alle zugänglich machen. Es stört mich auch, dass es generell in diesen Medien darum geht, sich selbst zu vermarkten. Das war schon vor ein paar Jahren so, als ich beschlossen habe, mein Profil zu löschen. Ich hatte mal eines auf Instagram, da war ich noch in Salzburg. Dieses Lechzen nach Aufmerksamkeit und noch mehr Followern nervt mich aber richtig.

Stefan Lainer zeigte bei der EURO im Jahr 2021 auf, traf sogar gegen Nordmazedonien. (Bild: AFP)
Stefan Lainer zeigte bei der EURO im Jahr 2021 auf, traf sogar gegen Nordmazedonien.

Verrätst du uns trotzdem, wie du privat tickst?
Ich bin gerne in Salzburg und besuche meine Familie. Dann wollen alle unseren Sohn sehen. Wir gehen Essen zum Laschenskyhof, fahren nach Hellbrunn oder zu den Weihnachtsmärkten - die sind richtig schön - wenn wir daheim sind. Auch Konny (Laimer, Anm.) und Xaver (Schlager) sind manchmal zur selben Zeit dort. Da haben wir immer eine Gaudi.

Dein Vater Leo hat gesagt, er schaut sich jedes Spiel von dir an. Ist er auch ein Ratgeber oder hat sich in den Jahren seit seinem Rücktritt zu viel verändert?
Mein Papa sagt immer, ich soll alles lockerer sehen. Er hat leicht reden. (lacht). Es verändert sich vieles, aber gewisse Dinge bleiben immer gleich. Oft denke ich, jetzt hält er mir einen Vortrag und dann kommt die Taktiktafel auch noch raus (lacht). Im Ernst: Er gibt mir häufig Dinge mit, von denen man weiß, dass er recht hat. Ich höre mir das an und dann diskutieren wir drüber. Das passt gut.

Du hast mit den Bullen große Erfolge gefeiert, bist dann in die internationale Fußballwelt ausgezogen. Wie groß ist tatsächlich der Unterschied zwischen dem Leben als Salzburg-Spieler und jenem in einer der größten Ligen der Welt?
In Österreich ist es auch schwer, dass du Erfolge feierst und Spiele gewinnst. Auswärts beim Wolfsberger AC war ein ganz schwieriges Spiel - schon immer. Mit Gladbach haben wir ja auch gegen den WAC verloren - nur so nebenbei (lacht). Ich will damit sagen, dass die Leistungen und Spiele in Österreich oft unterbewertet werden. Das Drumherum, die Vorbereitung, die Aufmachung mit 50.000 Fans, 70 Experten, die darüber reden, was falsch gemacht wird: Es ist eher ein Unterschied im Kopf, weil viel mehr Dinge auf dich einprasseln, weil das Drumherum größer ist. Das ist eben die Herausforderung, die in Österreich nicht so gegeben ist. Dort ist das alles ein bisschen entspannter. Du kannst dich mehr auf dich und die Mannschaft konzentrieren, wenn du bei Salzburg bist und kannst ein bisschen ruhiger und konzentrierter arbeiten.

Wir haben viel über Salzburg gesprochen, über deine Heimat. Die Bullen-Fans würden wahnsinnig gerne wieder für Salzburg spielen sehen. Kannst du dir das vorstellen?
Ja, sicher. Noch dazu, weil ich nie richtig verabschiedet worden bin. Vielleicht war es ja immer nur ein kurzes „Auf Wiedersehen“. Auch wenn ich nicht mehr zurückkäme, bleibt Salzburg ein wesentlicher Bestandteil meiner Karriere. Es gab so viele Erlebnisse. Es hatte nie etwas mit Pflicht zu tun. Es war jedes Mal schön, sich in Taxham zu treffen und zu trainieren, Dinge zu erleben, Auswärtsreisen - auch international - zu absolvieren. Es war ein absolut spannendes Abenteuer.

Du hast eingangs erwähnt, wieder voll anzugreifen. Heißt das auch, dass du dich in der Blüte deiner Karriere siehst?
Ich fühle mich echt gut und finde eigentlich, dass ich jetzt noch viel besser spielen könnte als mit 26. Ich bin topfit und habe einige Rückschläge überwunden. Dazu habe ich fußballerisch noch Erfahrungen gesammelt, bin noch ruhiger am Ball geworden. 

Also hat man den besten Stevie Lainer noch nicht gesehen?
Es muss etwas passieren, damit ich wieder in Fahrt komme. Dafür muss ich jetzt sorgen. Ich will das Vertrauen des Trainers bekommen und spielen. Dann wird man den besten Stevie Lainer sehen. (grinst).

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