Finstere Gänge, Sezierbesteck, unheimliche Verbrechen, die aufgeklärt werden müssen. So werden Pathologen in Filmen, Serien oder Krimis häufig dargestellt. Mit Realität hat das nichts zu tun.
Das Bild des „Aufschneiders“ gefällt den echten Fachärzten für Klinische Pathologie und Molekularpathologie nicht besonders und entspricht auch nicht deren Arbeitsalltag. Denn ihre Expertise kommt fast ausschließlich lebenden Patienten zugute. Mit dem Ziel, dass eben dieses Leben mithilfe der Untersuchungsergebnisse lange erhalten bleiben soll. Etwa wenn es darum geht, eine individuell passende Krebstherapie für Patienten zu finden, in Gewebematerial aus Vorsorgeuntersuchungen (z.B. Darm, Brust, Haut) bösartige Veränderungen zu erkennen oder Blutbestandteile zu analysieren. Detektivisches Gespür auf Basis einer 6-jährigen Facharztausbildung ist dafür allerdings schon notwendig.
Hightech für gezielte Krebstherapie
Gearbeitet wird mit hochauflösenden Licht- und digitalen Mikroskopen bzw. Scannern, detailgetreue bildgebende Verfahren im Mikrobereich zeigen Zellen und Gewebeproben aus Präparaten von Gewebebiopsien. Die zu analysierenden Gewebeproben untersucht man mittels dünner Schnitte (im Tausendstel-Millimeterbereich). Das derzeit modernste Verfahren stellt das sogenannte „Next Generation Sequencing“, kurz NGS, dar. Eine Technologie, mit der gleichzeitig 50-500 verschiedene Gene aus Gewebe- oder Blutproben analysiert werden können.
„Am Beispiel Prostata-Abklärung bedeutet das, wir bekommen 16-20 Biopsien, von einem einzigen Patienten, wo jede genauestens begutachtet wird“, erklärt Univ.-Doz. Dr. Johann Feichtinger, Labor für Zytologie und Histologie, Dr. Ulm, in Wien-Floridsdorf. Hier geht es um das Auffinden von Tumorzellen und um deren weitere mikroskopische Charakterisierung mittels Lichtmikroskopie sowie Immunhistochemie (Untersuchung von Eiweißkörpern im Tumorgewebe).
Diese Analysen allein sind heute vielfach nicht mehr ausreichend und müssen mittels genetischer Begutachtung des Tumorgewebes ergänzt werden, um eine maßgeschneiderte Therapie bösartiger Tumoren überhaupt erst zu ermöglichen. Die modernen Methoden im Dienste der Patienten sind allerdings weiter ausgereift als das Finanzierungsmodell, das seit Jahrzehnten nicht angepasst wurde. So fehlt der Nachwuchs oder wandert vor allem nach Deutschland ab, wo die Bedingungen besser sind. Auch hier schlagen die Experten Alarm, dass die Versorgungssituation immer mehr kippt und es jetzt schon zu wenig Fachärzte gibt.
Arbeitsaufwand pro Patient ist enorm angestiegen
Univ.-Prof. Dr. Martin Klimpfinger, Gastprofessor am Klin. Institut für Pathologie der MedUni Wien: „Es ist nicht nur der Aufwand für jeden einzelnen Fall gestiegen, es müssen auch immer mehr Parameter bestimmt werden. Wenn wir in Zukunft nicht längere Wartezeiten auf die Ergebnisse in Kauf nehmen wollen - das hätte verheerende Folgen für die Patientenversorgung -, muss jetzt von politischer Seite rasch reagiert werden.“
435 Fachärzte für Pathologie und Molekularpathologie sind in Österreich tätig. Die klinische Versorgung bewerkstelligen 29 Krankenhausinstitute und 50 Ordinationen/Institute. Im Wiener AKH werden bis zu 90.000 Präparate pro Jahr untersucht. Im niedergelassenen Bereich sind es z. B. im Labor für Histologie & Zytologie Dr. Ulm in Wien 100.000-120.000 Proben von 40.000-50.000 Patienten.
Prim. Dr. Alexander Nader, Präsident der Fachgesellschaft ergänzt: „In der Schweiz gibt es die digitale Pathologie bereits flächendeckend. Davon können wir hierzulande nur träumen. Es ist aber höchste Zeit, die modernen Möglichkeiten auch der Allgemeinheit nutzbar zu machen.“
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