So stark wie noch nie sind im Messjahr 2021/2022 die heimischen Gletscher zurückgegangen. Das Osttiroler Schlatenkees hält mit minus 89,5 Metern österreichweit den Negativrekord.
Rund 90 „Eisriesen“ in zwölf österreichischen Gebirgsgruppen hat das ehrenamtliche Gletschermessteam des Österreichischen Alpenvereins unter die Lupe genommen. Das dramatische Fazit: Im Gletscherhaushaltsjahr zwischen Oktober 2021 und September 2022 gab es eine Rekordschmelze, sämtliche Gletscher zogen sich zurück und verloren außerdem beträchtlich an Fläche und Volumen.
Die Pasterze verlor im Bereich der Gletscherzunge ein Volumen von 14,7 Mio. Kubikmetern Eis - das entspricht einem Würfel mit einer Kantenlänge von 245 Metern. 2025 dürfte die Gletscherzunge dann abgerissen sein.
Andreas Kellerer-Pirklbauer, Leiter des Gletschermessteams des Alpenvereins
Zu warm, zuwenig Niederschlag
„Ausschlaggebend waren überdurchschnittlich hohe Temperaturen in Kombination mit deutlich weniger Niederschlag als im langjährigen Klimamittel“, erklärte Andreas Kellerer-Pirklbauer gemeinsam mit Gerhard Lieb, Leiter des Messteams, auf einer Pressekonferenz. Auch Saharastaub hat den Rückgang durch stärkere Absorption der Strahlung beschleunigt. Spätestens ab der zweiten Julihälfte 2022 waren die meisten Gletscher zu weit mehr als der Hälfte ihrer Fläche ausgeapert.
Der mittlere Rückzug der 78 vermessenen Gletscher liegt bei 28,7 Metern – das ist 2,6 Mal größer als der Wert im Jahr zuvor. Doch damit nicht genug: Selbst der bisherige Maximalwert aus 2016/2017 wurde um 3,5 Meter übertroffen!
Folge des Klimawandels
„Der heurige höchste Schwund seit Beginn der Alpenvereinsmessreihe vor 132 Jahren macht unzweifelhaft die Folgen des durch den Menschen massiv verstärkten Klimawandels deutlich“, weiß Lieb. Der negative Einfluss unserer Lebensweise auf Klima und damit auf den Gletscherschwund sei nachweisbar, betont hingegen Andreas Kellerer-Pirklbauer.
2075 ist Österreich gletscherfrei
Österreichweit hat das Schlatenkees in der Osttiroler Venedigergruppe mit 89,5 Metern am meisten verloren. Unter den ersten Zehn der negativen Hitliste befinden sich insgesamt acht Tiroler Gletscher - so unter anderem der Diemferner in den Ötztaler Alpen (84,3 Meter, Platz drei) und der Gepatschferner (ebenfalls Ötztaler Alpen, 78 Meter). Auch die Prognose für 2022/2023 ist aus heuriger Sicht nicht günstig.
Langfristig werden laut den Experten die heimischen Alpen aber ohnehin fast komplett gletscherfrei sein. Vermutlich bis 2075 ist das letzte Eis wohl den Bach hinabgeschmolzen.
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