FH-Projekt aus Wels

Künstliche Intelligenz gegen die Borkenkäferplage

Web
03.04.2023 10:14

Geheimwaffe gegen den Borkenkäfer: Ein Forschungsteam am Campus Wels der FH Oberösterreich arbeitet an einer „digitalen Nase“ für die Forstwirtschaft, um gestresste und erkrankte Bäume frühzeitig zu identifizieren.

Bäume reagieren auf Stress, indem sie flüchtige organische Substanzen, so genannte VOCs (Volatile Organic Compounds) ausstoßen. Auch Borkenkäfer kommunizieren über flüchtige Botenstoffe, so genannte Pheromone. Ausgebildete Hunde können diese wittern und so Borkenkäferbefall an Fichten anzeigen. Für die Tiere ist das sehr anstrengend, sie ermüden rasch. „Daraus entstand unsere Idee: Wir entwickeln eine digitale Nase, also Künstliche Intelligenz (KI), die Bäume erkennen und Stresschemikalien und Pheromone erschnüffeln kann“, erzählt Claudia Probst. 

Die FH-Professorin und Leiterin des Studiengangs Agrartechnologie und -management am Campus Wels der FH OÖ ist Phytomedizinerin. Sie befasst sich in erster Linie mit Pflanzenkrankheiten. Gemeinsam mit dem am Studiengang lehrenden Informatiker Georg Roman Schneider wurde das Projekt „DigiWald“ aus der Taufe gehoben. Ein Forstexperte und zwei Chemiker aus der Bio-und Umwelttechnik komplettieren das Team der Fachhochschule.

KI soll kranke Bäume früh erkennen
Es existiert bereits Künstliche Intelligenz, die verschiedene Baumarten mithilfe der Bildverarbeitung erkennen kann. Neu hingegen ist, diese mit einer olfaktorischen Erkennung zu kombinieren. Ziel ist, im Wald so früh wie möglich Krankheiten von Bäumen zu identifizieren. Das FH-Team leistet mit seiner Grundlagenforschung damit Pionierarbeit. Diese wird unterstützt durch Fördermittel aus dem Waldfonds, einer Initiative des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Die Laufzeit beträgt drei Jahre.

Probst und Schneider forschen an einem Frühwarnsystem für unsere Wälder. (Bild: Regina Nowak/FH OÖ)
Probst und Schneider forschen an einem Frühwarnsystem für unsere Wälder.

Stressmomente für Bäume können beispielsweise Trockenheit, große Hitze, Pilzbefall, Wildverbiss oder zu viel Bestand sein. „Zu Beginn widmen wir uns aber der Borkenkäferproblematik bei Fichten“, sagt Probst. Hierzu wird das Verhalten der Borkenkäfer studiert. Deren Pheromone werden genauso wie die Botenstoffe der Bäume chemisch-biologisch analysiert und wissenschaftlich aufbereitet. Die gesammelten Daten sollen anschließend für die Entwicklung des neuronalen Netzwerkes (das sind Algorithmen, die der Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachempfunden sind) und der Künstlichen Intelligenz herangezogen werden. Das Forschungsteam wird sich dabei praxisnah mit der Forstwirtschaft abstimmen. Als Kooperationspartner stehen die Bundesforste, die Bezirkshauptmannschaft Gmunden und Naturschutzorganisationen helfend zur Seite.

Auf der Suche nach Sensoren
In Schneiders Obsorge liegt der Aufbau der technologischen Seite. „Wir prüfen, welche erhältlichen Sensoren für gasförmige Substanzen einsetzbar sind, um diese feinen Veränderungen in der Luft wahrzunehmen“, sagt Schneider. Im Institut für nachhaltige Robotik am Campus Wels wird ein Technik-Labor eingerichtet. Hier soll sowohl die computergestützte Künstliche Intelligenz als auch die digitale Nase trainiert werden. Schlussendlich sollte das System beispielsweise in der Lage sein, einen Baum als Fichte zu erkennen, ein darin befindliches Loch als Eingang für den Borkenkäfer zu identifizieren und Pheromone wahrzunehmen - lauter Indizien also, dass diese Fichte aktiv von Borkenkäfern befallen wurde. Mit der Information wäre es für Betriebe der Forstwirtschaft leichter, einen befallenen Baum im Frühstadium zu entfernen, um den restlichen Forstbestand zu schützen.

Bis es so weit ist, wartet viel Forschungsarbeit auf das Team. So gilt es etwa in Experimenten auszuloten, ob es reicht, ein Messgerät in den Händen zu halten, damit die KI die Pheromone detektieren kann, oder ob es sinnvoll ist, mit einer Drohne über die Baumwipfel zu fliegen, um relevante Messdaten zu erhalten. „Wir werden in den kommenden drei Jahren wichtige Erkenntnisse gewinnen. Es wird aber weitere drei bis fünf Jahre benötigen, um die digitale Nase in der Praxis einzusetzen“, ist Probst überzeugt. Das Projekt wird gefördert durch den Waldfonds des Bundesministeriums für Land - und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft.

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