Auch eine von Raiffeisen Bank International (RBI) als Variante angedachte Abspaltung der Russland-Tochter vom restlichen Geschäft wäre nach Ansicht eines führenden Moskauer Wirtschaftsjuristen informell mit dem Kreml zu akkordieren. Würde sich in Folge der Haupteigentümer der abgespaltenen Muttergesellschaft ändern, wäre jedenfalls eine formale Genehmigung des Kreml nötig, erklärte der geschäftsführende Partner von TA Legal Consulting, Marat Agabaljan, am Montag.
Während er davon ausgehe, dass eine Abspaltung als Variante mit dem Kreml abgesprochen würde, sei jeder tatsächliche Wechsel des Haupteigentümers mit der Notwendigkeit verbunden, eine Erlaubnis durch eine Kommission des russischen Präsidenten zu erhalten, betonte der Experte.
Putin-Erlass vom August 2022
Denn obwohl im Erlass von Wladimir Putin vom August 2022 von einem Eigentümerwechsel in russischen Rechtspersonen die Rede sei, sehe die Situation anders aus: „Niemand würde in der Praxis riskieren, eine Entscheidung der Präsidentenkommission zu umgehen, selbst wenn der Eigentümerwechsel auf der Ebene einer Muttergesellschaft im Ausland erfolgt“, erklärte der Wirtschaftsjurist.
Niemand würde in der Praxis riskieren, eine Entscheidung der Präsidentenkommission zu umgehen, selbst wenn der Eigentümerwechsel auf der Ebene einer Muttergesellschaft im Ausland erfolgt.
Wirtschaftsjurist Marat Agabaljan
Agabaljan erzählte, dass kürzlich diese Kreml-Kommission etwa im Zusammenhang mit dem Ausstieg von Gesellschaftern der zypriotischen Muttergesellschaft eines russischen Erdölkonzerns befasst worden sei und eine formale Entscheidung gefällt habe.
Was würde Abspaltung für RBI-Aktionäre bedeuten?
RBI-Chef Johannes Strobl hatte bei der Hauptversammlung seiner Bank am Donnerstag neben einem Verkauf der russischen Raffeisenbank eine Abspaltung der Bank vom Hauptkonzern als angepeilte Szenarien für seine Bank genannt. Bei einer Abspaltung würden die RBI-Aktionäre dann zwei Aktien besitzen - eine für die RBI ohne Russland und eine zweite für das Russlandgeschäft. Auch die Aktien der zweiten Gesellschaft würden laut den gesetzlichen Vorgaben dabei an einer Börse in der Europäischen Union, wahrscheinlich in Wien, notieren.
„Kein einfacher Spaziergang“
„Beides ist kein einfacher Spaziergang“, hatte Strobl resümiert. Bei einem Verkauf benötige man einen nicht sanktionierten Käufer, die Zustimmung von fünf Behörden sowie ein Angebot, das den eigenen Wertvorstellungen entspreche. „Das russische Präsidentenbüro bestimmt den Kaufpreis, der höchstens 50 Prozent des Wertes sein kann, den ein russischer Gutachter festsetzt. Danach gibt es für diesen Kaufpreis noch eine ,Exit tax‘, eine Auswanderungssteuer oder so ähnlich“, erläuterte er.
Im Falle der Abspaltung sei die Themenstellung ein wenig anders, da sich in dieser Phase das Preisthema nicht stellen würde, erklärte Strobl. Es bedürfe aber der Zustimmung der russischen Zentralbank für jeden Eigentümerwechsel, sagte Strobl. Da sich der Aktionär nicht zurückziehe, brauche man die russische Präsidentschaftsadministration in diesem Fall nicht, erläuterte er. Allerdings spekulierte er darüber, dass eine mögliche „Exit tax“ für den RBI-Aktionär dennoch fällig werden könnte. Man werde diese Frage klären müssen, sagte der RBI-Chef.
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