Operation Märtyrertum
Wie Trump seinen Prozess in Geld verwandelt
Donald Trump sieht sich fünf Strafverfahren und zwei Zivilprozessen gegenüber. Beerdigt das seine politischen Ambitionen? Ein Geldregen und seine jüngsten Beliebtheitswerte lassen das Gegenteil vermuten.
Donald Trump ist wieder da, wo er sich am wohlsten fühlt: im absoluten Rampenlicht. Trump saß am Dienstag als erster US-Präsident der Geschichte auf einer Anklagebank. In New York wird ihm Buchhaltungsfälschung in 34 Fällen vorgeworfen. Im Zentrum der Anklage stehen „Hush-Money-Zahlungen“ an die Pornodarstellerin Stormy Daniels. Schweigegeld soll auch an ein Ex-Playboymodel und einen ehemaligen Türsteher des Trump-Towers, der behauptete, von einem unehelichen Kind Trumps zu wissen, geflossen sein.
In vier weiteren Strafverfahren und zwei Zivilprozessen droht dem 45. Präsidenten der USA zusätzlicher juristischer Ärger.
Ist die politische Karriere jetzt vorbei? Mitnichten! Trump läuft sich erst warm. Nur wenige Stunden nach seinem Gerichtstermin steht er in seinem pompösen Anwesen in Palm Beach in Florida auf der Bühne - zum Lied „Gott segne die USA“ sonnt er sich im Applaus seiner Fans.
Trump sieht sich in allen Punkten als Justizopfer, das nun zum Gegenschlag ausholt. Altbekannte Rhetorik inklusive. Denn in Wirklichkeit hätten es seine Widersacher auf seine Wähler abgesehen, posaunte Trump in seinem Golfclub.
In seiner Rede stänkerte er beispielsweise gegen den New Yorker Richter Juan Merchan. Der hatte im Gerichtssaal die Staatsanwaltschaft und Trump dazu aufgerufen, „den Ball flach zu halten“. Dem Ex-Präsidenten war allerdings nicht nach Deeskalation: „Ich habe einen Trump-hassenden Richter, mit einer Trump-hassenden Frau und Familie, deren Tochter für Kamala Harris gearbeitet hat.“
Tatsächlich ist Merchans Tochter Loren Partnerin in einer Agentur für digitale Wahlkampfstrategie, die für viele prominente Demokraten gearbeitet hat.
Trump spielt andere Verfahren herunter
Trump sprach mehrere andere Fälle gegen ihn an, darunter die Ermittlungen wegen seines Versuchs, die Wahl in Georgia zu beeinflussen.
„In Atlanta gibt es eine rassistische, demokratische Bezirksstaatsanwältin, die alles in ihrer Macht Stehende tut, um mich wegen eines absolut perfekten Telefongesprächs anzuklagen“, pöbelte er. In seinem „perfektem Telefongespräch“ wurde der Ex-Präsident 2020 aufgezeichnet, wie er die Republikaner im Bundesstaat aufforderte, das Wahlergebnis zu kippen.
Trump prangerte auch ausführlich die Ermittlungen zu seinem Umgang mit geheimem Material in Mar-a-Lago an. Gegen ihn werde auch wegen „dem Spionagegesetz von 1917 ermittelt, auf das die Todesstrafe steht“, sagte er.
Er bezeichnete dabei den leitenden Ermittler als „Verrückten“ und beschwerte sich: „Unser Justizsystem ist gesetzlos geworden. Sie benutzen es jetzt - zusätzlich zu allem anderen - um Wahlen zu gewinnen.“
Millionenregen für Trump
Wahlen gewinnen? Genau das könnte er nun schaffen. Seit Bekanntwerden der Anklage gingen Trumps Beliebtheitswerte in Umfragen sprunghaft nach oben. 48 Prozent der Republikaner wollen jetzt für ihn stimmen, im März waren es noch 44 Prozent, wie aus einer am Montag veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage hervorgeht. Sein parteiinterner Widersacher, Ron DeSantis, stürzte dagegen auf 19 Prozentpunkte ab.
Die neue Dauerpräsenz des Ex-Präsidenten scheint sich auch finanziell auszuzahlen. In den vergangenen sieben Tagen konnte Trump mehr als acht Millionen Dollar an Wahlkampfspenden einsammeln, teilte sein Wahlkampfteam mit. Zum Vergleich: Trump hat durch sein Fehlverhalten in wenigen Tagen mehr verdient als die Parteien im niederösterreichischen Landtagswahlkampf überhaupt ausgeben durften.
Dem Ex-Präsidenten spielt zudem die Anklage an sich in die Karten. Aus allen offenen Strafverfahren wird dieses als schwächstes angesehen. Die juristische US-Bubble tobte bei Bekanntwerden der Anklage.
Und in welche Stoßrichtung es im weiteren Wahlkampf für 2024 gehen soll, zeigt das neueste Produkt in Trumps Online-Shop: Ein schlichtes weißes T-Shirt, auf dem ein eindeutig gefälschtes Foto des ehemaligen Präsidenten zu sehen ist, das einem Fahndungsfoto nachempfunden ist. Darunter steht in Druckbuchstaben: „NICHT SCHULDIG!“ Mit Volldampf Richtung Märtyrertum also.
Wer 47 Dollar oder mehr überweist, bekommt das Shirt „gratis“ zugeschickt. Und dass es Trump mit seiner Kandidatur ernst meint, dürfte spätestens jetzt auch den letzten Zweiflern klar sein. „Nummer 45“ will „Nummer 47“ werden.
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