Im Flüchtlingscamp Lipa in Bosnien-Herzegowina soll ein Abschiebezentrum mit einem Gefängnis entstehen. Die NGO SOS Balkanroute warf am Mittwoch Österreich vor, den Gefängnisbau mitzufinanzieren. Das Land OÖ soll 300.000 beigesteuert haben. Das Innenministerium dementierte beides.
In dem in unmittelbarer Nähe zum Aufnahmezentrum Lipa nahe der Stadt Bihać im Kanton Una-Sana geplanten Bau sollen Migranten vorübergehend angehalten werden, erklärte das Fremdenamt des bosnischen Sicherheitsministeriums laut dem bosnischen Fernsehsender USK TV. Der Bürgermeister der Stadt Bihać, Elvedin Sedić, bestätigte gegenüber bosnischen Medien, dass eine Haftanstalt für Migranten gebaut werde. Die Stadtverwaltung sei über die Pläne jedoch nicht informiert, da die Verwaltung des Aufnahmezentrums vor zwei Jahren von der Stadtverwaltung an das Sicherheitsministerium übertragen worden sei. Als Partner des Projekts wurde in den Medienberichten das von Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) geleitete Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) genannt. Von dieser lag der APA am Mittwochnachmittag vorerst keine Stellungnahme vor.
Oö. Landesregierung als „Sponsor“
„Der Plan scheint ziemlich klar zu sein: Menschen an einem Ort zu konzentrieren und sie ohne jegliche, geschweige denn faire Prüfung ihres Falls ins Herkunftsland zu deportieren. Auch wenn man dachte, die Situation auf der Balkanroute könne gar nicht mehr schlimmer werden: (FPÖ-Chef) Herbert Kickls Fantasien über das Konzentrieren von Menschen sind in Lipa leider Realität geworden, realisiert von einer türkisgrünen Regierung“, so SOS-Balkanroute-Gründer und -Obmann Petar Rosandić in einer Aussendung. Die Regierung habe mindestens 800.000 Euro und die oberösterreichische Landesregierung weitere 300.000 Euro „unter dem Deckmantel der `Hilfe vor Ort“ in ein Abschiebezentrum mit Gefängniseinheiten investiert, kritisierte die NGO.
Insgesamt 821.672 Euro zur Verfügung gestellt
Das Innenministerium wies diesen Vorwurf am Mittwoch zurück. Das Ministerium habe der Internationalen Organisation für Migration (IOM) insgesamt 821.672 Euro zur Verfügung gestellt. Davon seien 483.000 Euro für den Ausbau der Strom- und Elektrizitätsversorgung sowie des Wasser- und Abwassernetzes auf dem Gelände des Aufnahmezentrums Lipa verwendet worden, um die Aufnahmefähigkeit für 1500 Personen zu sichern und einen ganzjährigen Unterkunftsbetrieb zu ermöglichen. 17.000 Euro seien für die Finanzierung eines aus dem Bestand des Roten Kreuz ausgeschiedenen Krankenwagens aufgewendet worden, weitere 321.671 Euro flossen in die Anschaffung von 71 Wohn- und Schlafcontainern für die Camps Borici (36 Container) und Lipa (35 Container).
LH-Büro verwies auf Innenministerium
Über die Errichtung von Schubhaftkapazitäten würden dem Innenministerium keine detaillierten Informationen vorliegen, hieß es. Das Innenministerium sei „weder in die Konzeption, noch in die Finanzierung oder in den Betrieb involviert“. Das Büro von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) verwies am Mittwoch auf APA-Anfrage auf die Stellungnahme des Innenministeriums.
Rückführung unter Zwang
Laut bosnischen Medienberichten wurden in den vergangenen Tagen vermehrt Migranten aus Kroatien nach Bosnien zurückgeführt und in Polizeibegleitung nach Lipa gebracht. Laut der vor Ort aktiven NGO SOS Balkanroute hat die kroatische Grenzpolizei den bosnischen Kollegen in den vergangenen Tagen in mehreren Aktionen mehrere Hundert Menschen übergeben. Diese seien unter Zwang in Busse gebracht und ins Camp Lipa gefahren worden. Das verstoße klar gegen das Nichtzurückweisungs-Prinzip der Genfer Flüchtlingskonvention, kritisierten Flüchtlingshelfer
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