Die Klimaaktivistin Anja Windl hat sich zuletzt nicht nur den Unmut vieler Autofahrer eingeheimst, aufgrund ihrer Aktionen wurde sie am Donnerstag auch von der Fremdenpolizei einvernommen - der deutschen Staatsbürgerin droht die Ausweisung aus Österreich. Während harte Kritik an der Vorgehensweise etwa von Wissenschaftlern geäußert wird, zeigt sich: Windl wäre nicht die erste Aktivistin, die außer Landes gebracht wurde.
Hintergrund der möglichen Ausweisung sind dabei Protestaktionen, an denen die 26-Jährige als Mitglied der „Letzten Generation“ beteiligt war. „Ich lasse mich nicht einschüchtern“, zeigte sich Windl nach der Einvernahme aber nicht sonderlich beeindruckt.
Sprayer kurzerhand außer Landes gebracht
Die momentanen Vorgänge wecken nun Erinnerungen an einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 2020 - wie die Tageszeitung „Der Standard“ damals berichtete, wurde einem deutschen Aktivisten ebenfalls eine politische Protestaktion zum Verhängnis. Ihm wurde vorgeworfen, die Mauern eines Rüstungskonzerns mit antimilitärischen Parolen besprüht zu haben - laut Angaben der Polizei wurde er damals auf frischer Tat ertappt.
Nicht einmal 24 Stunden später wurde er mit Blaulicht und in Begleitung von vier WEGA-Beamten über die deutsche Grenze gebracht. Dort wusste man aber scheinbar nicht viel mit ihm anzufangen und ließ ihn stante pede wieder frei. Die Behörde in Österreich sah in dem sprayenden Studenten aber einen Gefährder, „der Angst und Unruhe in der Bevölkerung provoziert“, hieß es damals.
Gericht gab Aktivisten Recht
Für zehn Jahre sollte es ihm verboten sein, nach Österreich zu reisen. Eben jener Zeitraum, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) für notwendig erachtet, einen „positiven Gesinnungswandel“ zu seiner Einstellung zur Rechtsordnung zu vollziehen. Der Betroffene legte unmittelbar nach seiner Außerlandesbringung Beschwerde ein - und bekam vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) Recht.
Der Bescheid des BFA war damit zahnlos geworden, eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit könne nicht nachgewiesen werden, stellte das Gericht klar.
„Gefährdungspotenzial kleinkariert abgefragt“
Ob Windl nun selbst außer Landes gebracht wird, ist noch offen. „Es wurde mein Gefährdungspotenzial relativ kleinkariert abgefragt“, erklärte sie nach ihrer Einvernahme. In Zusammenhang damit sei ihr unter anderem eine verhinderte Protestaktion beim heurigen Neujahrskonzert sowie eine Aktion in Wien, bei dem die Aktivistinnen und Aktivisten eine Ölspur am Verteilerkreis in Wien legten, vorgeworfen worden. Basis dafür seien die Paragrafen 89 StGB (Gefährdung der körperlichen Sicherheit) und 176 StGB (Vorsätzliche Gemeingefährdung), so Windl.
Experte sieht „keinen Grund für eine Ausweisung“
Kritisch äußerte sich am Donnerstag Europarechtler Walter Obwexer von der Universität Innsbruck im Ö1-„Morgenjournal“ zu der Causa. Bloße Verwaltungsübertretungen, selbst bei Rechtswirksamkeit, könnten kein Grund für eine Ausweisung sein, so Obwexer. Dafür bräuchte es „zunächst einmal eine schwere Straftat, wie zum Beispiel eine ganz schwere Körperverletzung oder einen Mord oder Raub und dann auch noch die Gefahr, dass eine weitere Straftat begangen wird“, sagte Obwexer.
„Nur eine schwere Straftat begangen zu haben und dafür rechtskräftig verurteilt worden zu sein, ohne Gefahr, dass eine weitere Straftat begangen wird, reicht für eine Ausweisung ebenfalls nicht aus.“
Letzte Generation „fassungslos“
Kritik kam auch von der „Letzten Generation“ selbst: Deren Pressesprecher Florian Wagner zeigte sich in einer Aussendung „fassungslos“: „Auf mich wirkt dieses Vorgehen inkompetent. Alle Juristen und Juristinnen, die wir gefragt haben, halten eine Abschiebung für völlig unverhältnismäßig. Sich um den Klimaschutz zu kümmern, bedarf größerer Kompetenz. Leider wagen sich Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen nicht an diese drängende Aufgabe heran“, kritisierte Wagner.
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