Deutlicher Anstieg

Jede vierte Überstunde wurde 2022 nicht abgegolten

Wirtschaft
07.04.2023 15:16

Rund jede vierte Überstunde im Vorjahr wurde weder mit Geld noch mit Zeitausgleich abgegolten. Das ist laut der Arbeiterkammer (AK) deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Ein Grund ist etwa, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht alle Überstunden gemeldet haben.

Sie sollen sich gesorgt haben, ansonsten Probleme mit der Firma zu bekommen. „Das ist ein systematischer Lohnbetrug, der die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im letzten Jahr insgesamt 1,2 Milliarden Euro gekostet hat“, sagte AK-Sozialbereichsleiterin Ines Stilling. Österreichweit wurde laut Statistik Austria im Vorjahr rund jede vierte Überstunde weder mit Geld noch mit Zeitausgleich abgegolten. Das sind insgesamt 47 Millionen Über- und Mehrstunden.

Überstunden können verfallen
Zusätzlich zu der Sorge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer macht die Arbeiterkammer auch die Unternehmenskultur für die Situation verantwortlich. So würden in Zeiten von Homeoffice und mobilen Kommunikationskanälen teilweise außerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten noch Dienste verlangt werden. Hinzu kommen All-In-Verträge, bei denen die Überstunden nach einem gewissen Zeitraum verfallen können.

Die Arbeiterkammer rät in einer Aussendung, regelmäßig minutengenaue Arbeitsaufzeichnungen zu führen, die übrigens nicht bestätigt werden müssen. Sich zu wehren, könne bei einem aufrechten Dienstverhältnis aber dennoch schwierig sein, sagte Martin Gruber-Risak, Professor am Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien. 90 Prozent der Verfahren vor den Arbeits- und Sozialgerichten seien beendete Arbeitsverhältnisse. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten sich am besten bereits vorab gegen Überstunden zur Wehr setzen. Es bräuchte auch ein Recht auf Nichterreichbarkeit, um die Ruhezeiten zu sichern.

(Bild: PeskyMonkey - stock.adobe.com)

Maßnahme gegen Personalmangel?
Die Wirtschaftskammer (WKÖ) wies die Kritikpunkte erwartungsgemäß zurück. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden freiwillig Überstunden machen, vor allem Jüngere, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Eine Steuerbefreiung von Überstunden wäre gar ein „geeignetes Mittel gegen den Arbeitskräftemangel.“ Außerdem könnten Überstunden auch als Zeitausgleich konsumiert werden, wodurch es zu mehr Freizeit in ruhigeren Phasen komme.

Die AK wiederum fordert, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für jede geleistete Überstunde einen Euro abführen sollen. Nicht abgegoltene Mehr- und Überstunden würden den Personalmangel verschärfen.

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