4100 Freiwillige stehen im Plaudernetz seit drei Jahren täglich am Telefon für Gespräche bereit, um die Einsamkeit von Menschen zu lindern - gerade zu Feiertagen ein Angebot, das dankbar angenommen wird.
Seit April 2020 sorgt das Plaudernetz der Caritas am Telefon dafür, dass sich Menschen nicht so einsam fühlen. Denn unter der kostenlosen Rufnummer 05/1776 100 ist täglich zwischen 10 und 22 Uhr ein ehrenamtlicher Plauderpartner erreichbar. Und die Telefone laufen vor allem rund um die Feiertage heiß.
Die meisten Personen, die uns anrufen, fühlen sich alleine. Vielleicht weil sie gerade eine Trennung oder einen Todesfall erlebt haben. Wir plaudern dann über Gott und die Welt.
Flora Gall, Leiterin Plaudernetz
Bild: Caritas
Feiertage als Einsamkeitsfalle
„Jene, die keine Familie haben, fühlen sich schneller einsam an diesen Tagen. Daher erreichen uns auch zu Ostern vermehrt Anrufe“, schildert die Leiterin Flora Gall. Seit Beginn des Projekts wurden 33.057 Gespräche angenommen, seit Anfang diesen Jahres waren es bereits 2516 Anrufe. Die durchschnittliche Gesprächsdauer liegt bei 25 Minuten. „Es können aber auch 2 Stunden werden“, erzählt Gall.
Am Wochenende und abends ist viel los. Man muss empathisch und sympathisch sein, denn es sind immer bewegende, tiefe Gespräche, an deren Ende ich froh bin, am Hörer gewesen zu sein.
Daniel, Plaudernetz
Bild: Caritas
Freude an der Hilfe
In Summe wurden seit April letzten Jahres 802.132 Minuten lang geplaudert - das entspricht 557 Tagen! Das wäre natürlich ohne die 4100 freiwilligen Plauderpartner nicht möglich. Obwohl das Plaudernetz während des Lockdown in der Pandemie gestartet wurde, ist die Nachfrage auch danach nicht kleiner geworden. Gall: „Es freut uns, Menschen in Momenten der Einsamkeit zu helfen.“
Ich bin jeden Tag am Telefon für zwei bis drei Gespräche. Manche Anrufer habe ich auch öfter am Handy. Viele erzählen von Kummer, aber auch prekäre Themen, über die man lieber anonym redet.
Durga, Plauderpartnerin
Wiener Studie beweist Gesundheitsfolgen von Einsamkeit
Wie sehr soziale Isolation nicht nur der Seele, sondern auch dem Körper zusetzt, hat zuletzt eine Untersuchung von Wiener Psychologen belegt: Alleinsein macht ähnlich müde wie Nahrungsentzug. Einerseits untersuchte das Team um Giorgia Silani von der Fakultät für Psychologie der Universität Wien die Reaktionen und Wahrnehmungen von 30 Teilnehmern an einem Laborexperiment unter verschiedenen Isolationsbedingungen. Diese verbrachten an drei Tagen je acht Stunden im Labor.
„In der Laborstudie fanden wir auffallende Ähnlichkeiten zwischen sozialer Isolation und Nahrungsentzug. Beide Zustände führten zu verminderter Energie und erhöhter Müdigkeit“, so die so die Erstautorin der Studie Ana Stijovic. Um abzuschätzen, ob sich Hinweise auf ähnliche Prozesse auch in mehr oder weniger alltäglicheren Situationen finden, griffen die Fachleute auf Daten aus einer größeren Feldstudie aus der Zeit des ersten Lockdowns zurück.
Die Teilnehmer dieser Studie machten über mehrere Tage hinweg wiederholt Angaben zu ihrem Verhalten und Erleben sowie zu dem von ihnen empfundenen Stressniveau. Die Fachleute interpretieren dies als Folge eines aus dem Gleichgewicht geratenen grundlegenden psychologischen Bedürfnisses nach Kontakt zu anderen Menschen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.