Die niederösterreichische Koalition der ÖVP mit der FPÖ gilt auch innerhalb der Volkspartei als Tabubruch. Nun schließt auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ein Übereinkommen mit den Freiheitlichen unter Herbert Kickl nicht aus. Der ÖVP-Minister fordert im Interview mit der „Krone“ aber auch ein Bekenntnis zum Sparen. Mehr Geld alleine werde es nicht geben.
„Koste es was es wolle“ ist nicht mehr das Motto der Bundesregierung. Das versichert Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) im Interview mit der „Krone“. Österreich hat 50 Milliarden Euro für Corona-Hilfen und über 40 Milliarden für Antiteuerungsmaßnahmen ausgegeben.
Das „Anspruchsdenken“ soll nun ein Ende haben. „Wir sollten dringen in eine neue Phase eintreten und die Ausgaben einbremsen.“ Es sei unbedingt notwendig, zu einer nachhaltigen Budgetpolitik zu kommen. „Nicht aus Selbstzweck, sondern um Spielräume zu schaffen. Deswegen sage ich: Ansprüche zurückfahren.“ Er hoffe nicht, dass das unumkehrbar ist.
„Krone“: Der Staat hat in den vergangenen Jahren Milliarden Euro für diverse Unterstützungen ausgegeben, wann hört das auf?
Magnus Brunner: So bald wie möglich. Es ist unbedingt notwendig, zu einer nachhaltigen Budgetpolitik zu kommen. Nicht aus Selbstzweck, sondern um Spielräume zu schaffen. Deswegen sage ich: Ansprüche zurückfahren. Der Staat kann nicht alles zu 100 Prozent ausgleichen. Das ist auch nicht Aufgabe des Staates. Das Anspruchsdenken müssen wir zurückfahren.
Wir konnten uns die Ausgaben in der Krise und die notwendige Unterstützung leisten. Aber jetzt müssen wir wieder zu einer nachhaltigen Budgetpolitik zurückkehren.
Magnus Brunner (ÖVP) fordert ein Bekenntnis zum Sparen
Glauben Sie nicht, dass das mittlerweile nicht mehr umkehrbar ist und die Menschen sich daran gewöhnt haben, dass der Staat überall und immer einspringt?
Das hoffe ich nicht. Wir konnten uns die Ausgaben in der Krise und die notwendige Unterstützung leisten. Aber jetzt müssen wir wieder zu einer nachhaltigen Budgetpolitik zurückkehren. Die Handlungsfähigkeit des Staates muss unser oberstes Ziel sein und bleiben. Es steht nicht unendlich viel Steuergeld zur Verfügung. Das Steuergeld zu schätzen, ist uns abhandengekommen.
Was macht die Regierung, um die Inflation einzubremsen? Und warum ist sie in Österreich höher als in anderen europäischen Ländern?
Auch in Österreich ist die Inflation im März erfreulicherweise um zwei Prozentpunkte auf den niedrigsten Wert seit 2022 gesunken. Wir müssen nun alles tun, dass es zu einer nachhaltigen Trendumkehr kommt. Die Inflation zu bekämpfen, ist aber grundsätzlich Aufgabe der Zentralbank. Und was den Vergleich zu anderen Ländern betrifft: Ja, Spanien hat eine niedrigere Inflation, aber auch eine wesentlich niedrigere Kaufkraft. Wir haben eine Stärkung der Kaufkraft, hohe Lohnabschlüsse und hohes Wirtschaftswachstum.
Sie verhandeln derzeit mit den Bundesländern den neuen Finanzausgleich, wie verlaufen die Gespräche?
Neben der Frage des Geldes geht es bei diesen Verhandlungen immer auch um Struktur und Rollenverteilung. Besonders wichtig sind mir Effizienz und Transparenz. Es wird derzeit in drei Gruppen - Gesundheit, Pflege und Allgemeines - auf Expertenebene verhandelt, es hat schon über zwanzig Runden gegeben. Bis Juni sind noch einmal 40 geplant.
Die Länder fordern ja immer mehr Geld, wird es das geben?
Ja, die Länder fordern mehr Geld. Aber mehr Geld zu fordern ist aus meiner Sicht nicht wirklich eine Verhandlungsposition. Man kann immer über alles reden. Aber wenn man über mehr Geld für die Länder spricht, muss man auch über Aufgabenorientierung und mehr Transparenz reden. Nur die eine Seite zu sehen, ist keine Verhandlung auf Augenhöhe und wir haben zu Beginn gesagt, dass wir auf Augenhöhe verhandeln wollen. Der Bund hat zur Abfederung der Krisen sehr viel Geld zur Verfügung gestellt. Die finanzielle Situation von Ländern und Gemeinden ist nach drei Jahren Krise auch deswegen stabil. Der Finanzausgleich ist ein Geben und Nehmen, kein Geben vom Bund hin zu Ländern und Gemeinden.
Derzeit hebt der Bund die Steuern ein und verteilt sie auf Länder und Gemeinden. Ist für die eine Steuerautonomie für die Länder vorstellbar?
Man kann über Steuerautonomie reden. Ich bin offen dafür, das war lange eine Forderung der Länder. Das muss man aber bis zum Ende denken. Ich kann mir vorstellen, beispielsweise die Grundsteuer den Ländern zu übertragen.
Wir stehen zu den gemeinsamen Zielen mit den Grünen, aber die Wege dorthin unterscheiden uns. Wir wollen technologieoffen bleiben und den Hausverstand einsetzen.
Magnus Brunner zum Klimaschutz
Warum bremst die ÖVP beim Klimaschutz?
Wir wollen beim Klimaschutz die Menschen und die Unternehmen mitnehmen. Über die Köpfe hinweg werden wir unsere Ziele nicht erreichen. Wir stehen zu den gemeinsamen Zielen mit den Grünen, aber die Wege dorthin unterscheiden uns. Wir wollen technologieoffen bleiben und den Hausverstand einsetzen. Aber es stimmt, dass Klimaschutz eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist.
Die synthetischen Kraftstoffe sind viel zu teuer, um damit den Individualverkehr zu bewältigen. Warum sagen Sie das nicht den Menschen?
Man muss unterscheiden. Im urbanen Raum wird sich die E-Mobilität durchsetzen. Aber es gibt auch die lange Strecke, den Schwertransport, den Flugverkehr und dafür braucht es Alternativen.
Die Umfragen sagen voraus, dass nach der nächsten Nationalratswahl kein Weg an der FPÖ vorbeiführen wird. Ist eine Koalition mit Kickl für Sie vorstellbar?
In vielen Bundesländern gibt es und hat es Koalitionen mit der FPÖ gegeben. Ja, die FPÖ macht es einem derzeit nicht leicht. Aber ich denke, dass muss man pragmatisch sehen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.