Streng geheime Papiere
US-Datenleck: Fünf Dinge, die Sie wissen sollten
Von fehlender Munition bis hin zu fragwürdigen Spionagemethoden: Ein enormes Datenleck blamiert die USA aktuell vor der Weltöffentlichkeit. Fünf Dinge stechen dabei besonders heraus.
Die USA sehen sich mit dem größten Datenleck seit Jahren konfrontiert. Streng geheime US-Dokumente wurden auf sozialen Plattformen wie Discord, Twitter oder Telegram geteilt. Fünf Dinge sind dabei besonders relevant:
1. Die Dokumente sind authentisch
Die Geheimdokumente scheinen authentisch zu sein, berichten US-Medien. Zwar wurden einige Unterlagen manipuliert, aber diese Änderungen wurden offenbar erst später vorgenommen. US-Behörden haben gegenüber der „New York Times“ eingeräumt, dass viele der Dokumente echt sind und ursprünglich ohne Änderungen ins Internet gestellt wurden.
Die Ukraine spricht offiziell zwar von „Fälschungen“, aufgrund des Lecks seien aber einige militärische Pläne „angepasst“ worden, sagte eine Präsident Wolodymyr Selenskyj nahestehende Quelle dem US-Sender CNN.
Die Beweise dafür, dass es sich um ein Leck und nicht um einen Hack handelt, scheinen stark zu sein. Das Material taucht zwar auch in prorussischen Foren auf, aber was dort kursiert, sind Fotos von gedruckten Briefing-Berichten des Pentagons. Was für einen Maulwurf aus den US-Reihen spricht.
2. USA gehen sorglos mit geheimen Informationen um
Viele der Dokumente wurden offenbar für General Mark Milley, den Vorsitzenden der US-Stabschefs, und andere hochrangige Militärs zusammengestellt. So weit, so normal. Doch die Zahl der Personen, die noch Zugriff zu Informationen der höchsten Sicherheitsstufe haben, ist atemberaubend.
Nach den jüngsten Zahlen, die vom Büro des Direktors der Nationalen Nachrichtendienste veröffentlicht wurden, gab es 2019 in der US-Regierung 1,25 Millionen Personen mit Freigabe und Zugang zum Lesen von streng geheimem Material. Seither deutete nichts darauf hin, dass diese Berechtigungen drastisch zurückgegangen seien. Das bedeutet aber nicht, dass mehr als eine Million Menschen die veröffentlichten Dokumente lesen konnten. Jede Behörde hat hier ein eigenes System. Im aktuellen Fall gehen Experten dennoch davon aus, dass Hunderte Personen Zugang hatten.
Das Pentagon kündigte bereits eine Überprüfung seiner Zugangspolitik an. „Wir nehmen die Sache sehr, sehr ernst“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Montag in Washington.
Bei so großen Zahlen ist es sehr wahrscheinlich, dass irgendwann streng geheimes Material in die Hände von jemandem fällt, der bereit ist, es weiterzugeben. Aus welchen Gründen auch immer.
3. USA zweifeln an Erfolg der ukrainischen Frühjahrsoffensive
Die Unterlagen offenbaren die Bedenken der US-Regierung zum Stand des Krieges. Die Ukraine könnte die ursprünglichen Pläne zur Rückeroberung besetzter Gebiete „weit verfehlen“, heißt es in den veröffentlichten Unterlagen.
Grund seien demnach die Schwierigkeiten bei der Aufstockung von Truppen, Munition und Ausrüstung, schreibt die „Washington Post“.
Dass die ukrainische Gegenoffensive nur „bescheidene Gebietsgewinne“ erzielen könnte, gilt in den Papieren als wahrscheinlich. Die Strategie Kiews konzentriere sich darauf, umkämpfte Gebiete im Osten zurückzugewinnen und gleichzeitig nach Süden vorzustoßen, um die russische Landbrücke zur besetzten Halbinsel Krim zu kappen.
Im Kreml dürfte die Freude groß sein, da das Datenleak natürlich strategische Vorteile bringen kann. Wer vorher weiß, wie und wo Angriffe stattfinden sollen, kann sich besser verteidigen. Wie detailreich die anstehende Gegenoffensive in den Dokumenten beschrieben wird, ist allerdings noch nicht bekannt.
4. USA haben russische Nachrichtendienste weitgehend infiltriert
Russische Offizielle dürften jedoch weniger Freude damit haben, welch offenes Buch sie für die USA sind. Die geleakten Pentagon-Unterlagen zeigen, wie tief Russlands Sicherheits- und Nachrichtendienste von den Vereinigten Staaten durchdrungen sind. Sie belegen, dass Washington in der Lage war, die Ukraine vor geplanten Angriffen zu warnen, und liefern eine Einschätzung der Stärke der Moskauer Kriegsmaschinerie. Dank dieser Informationen konnten die Vereinigten Staaten der Ukraine wichtige Hinweise zur Selbstverteidigung geben.
Wenn Russland jetzt herausfindet, wie die USA ihre Informationen sammeln, und diesen Informationsfluss unterbricht, könnte dies Auswirkungen auf das Schlachtfeld in der Ukraine haben. In einem Dokument wird laut „New York Times“ davon ausgegangen, dass Russland bis Februar 189.500 bis 223.000 menschliche Verluste, darunter bis zu 43.000 Gefallene, erlitten hat. Die Ukraine habe 124.500 bis 131.000 Verluste zu beklagen, von denen bis zu 17.500 Personen im Kampf gefallen sind.
5. Die USA spionieren Verbündete aus
In Sachen Spionage unterscheiden die USA nicht zwischen Freund und Feind. Was immer wieder vermutet wurde, ist in den aktuellen Papieren nachzulesen: Die USA spionieren ihre Verbündeten aus. Neben Russland und der Ukraine werden auch Nationen wie Kanada, Südkorea, Israel oder die Türkei erwähnt.
Das kann fatale Folgen für Informanten haben. Die Verbündeten der USA versuchen nun herauszufinden, ob ihre eigenen Quellen und Methoden durch das Leck beeinträchtigt wurden. Und falls ja, könnten diplomatische Beziehungen erheblichen Schaden nehmen. So oder so: Die USA werden sich erklären müssen.
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