Neue „JDAMs“ scheitern
Warum GPS-Bomben der USA an der Front versagen
Über eine der zahlreichen US-Datenleck-Enthüllungen staunen Militärs dieser Tage ganz besonders: Die Erfolgsrate der hochmodernen JDAM-ER-Bomben, die von den Vereinigten Staaten an die ukrainische Luftwaffe geliefert wurden, ist deutlich niedriger als gedacht. Dafür dürfte es zwei Gründe geben.
Bei den Bomben handelt es sich um „gewöhnliche“ Freifallbomben in unterschiedlichen Größen, zwischen 250 und 1000 Kilogramm schwer. Der Clou: Sie wurden nachträglich mit einem GPS-Steuergerät und Finnen am Heck ausgerüstet. Die Bombe kann also auf ihrem Weg ins Ziel Korrekturen vornehmen und metergenau die anvisierten GPS-Koordinaten treffen - der Pilot muss sie nur grob in die richtige Richtung werfen.
Die an die Ukraine ausgelieferte „ER“-Version hat noch dazu ausklappbare Flügel, die die Reichweite dieser Bomben auf mehr als 70 Kilometer erhöhen. In vergangenen Konflikten wurden JDAMs sehr zuverlässig eingesetzt - doch in der Ukraine liegt die Trefferquote laut der kürzlich aufgetauchten Geheimdokumente unter den Erwartungen.
Zwei Gründe für den Misserfolg
Im Gespräch mit Experten des Bundesheeres nennen diese der „Krone“ zwei Gründe für die JDAM-ER-Probleme:
- Den russischen Streitkräften dürfte es vereinzelt gelingen, das GPS-Signal in gewissen Gebieten des Schlachtfeldes oder bei kritischen Einrichtungen so stark zu stören, dass die Bomben ihr Signal verlieren und in der Endflugphase nicht mehr ihr eigentliches Ziel ansteuern können. US-Geheimdienste, so geht aus den geleakten Dokumenten hervor, empfahlen daher bereits die präventive Zerstörung der Jammer (Störsender), bevor es zum JDAM-Einsatz kommt.
- Die Bomben benötigen vor dem Abwurf eine komplexe Verbindung ins Cockpit des Trägerflugzeuges, außerdem sind zahlreiche Sicherungen an den Aufhängungspunkten angebracht (siehe Foto unten). Die älteren Mig- und Suchoi-Flugzeuge der ukrainischen Luftwaffe sind nicht zu 100 Prozent kompatibel mit westlichen Hightech-Bomben. Die kleinste Störung beim Scharfmachen und die Bombe wird zum „Dud“, also zum Blindgänger.
Vier von neun Bomben gingen daneben
Laut der US-Datenleaks dürfte die Ukraine mindestens neun JDAMs abgeworfen haben, von denen vier aufgrund russischer Störsender ihr Ziel verfehlt haben sollen - eine verheerende Quote für die GPS-Waffen, denen nahezu 100 Prozent Trefferwahrscheinlichkeit nachgesagt wird.
Datenleck „verheerend“
Für Oberst Markus Reisner, Militärexperte beim Bundesheer, ist klar, dass vieles in den veröffentlichten Geheimdienst-Unterlagen inhaltlich stimmt, erklärte er gegenüber der „Krone“. Die Art, wie die Dokumente an die Öffentlichkeit gelangten, sei eine „verheerende Wendung“ für die USA. Der Fall zeige, wie leicht Informationen, auf die teils Tausende Menschen Zugriff haben, an die Öffentlichkeit gelangen können. Damit würden die USA in der internationalen Geheimdienst-Community nicht gut dastehen.
Als erste Konsequenz hat das Pentagon die Anzahl der Mitarbeiter, die Zugriff auf geheime Dokumente haben, stark reduziert, berichtet der Sender CBS.
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