Ein besonderes Musical

Bis zum Coming-out lebt das Familienglück

Kultur
17.04.2023 15:00

Ein ungewöhnliches Broadway-Musical in Linz: Großer Applaus für die deutschsprachige Erstaufführung von „Fun Home“ in der BlackBox des Musiktheaters - eine queeres Coming-out, das für jeden interessant ist. Zudem gibt es beachtliche darstellerische Leistungen! 

Die autobiographische Graphic Novel „Fun Home“ der Amerikanerin Alison Bechdel war ein großer Literaturerfolg. Das Duo Jeanine Tesori und Lisa Kron machte daraus das erste von Frauen verfasste Broadway-Musical, das mit mehreren Tony-Awards ausgezeichnet worden ist. Nun stellt Regisseurin Nicole Claudia Weber eine großartige deutschsprachige Erstaufführung in die BlackBox des Linzer Musiktheaters.

Die Familie Bechdel in ihrem „Fun Home“: Das Familienoberhaupt ist Bestatter und richtet „Funerals“ aus, abgekürzt als „Fun“. (Bild: Reinhard Winkler)
Die Familie Bechdel in ihrem „Fun Home“: Das Familienoberhaupt ist Bestatter und richtet „Funerals“ aus, abgekürzt als „Fun“.
Momente des Familienglücks: Karsten Kenzel als Bruce, Alisons Vater und Helena Unger/Rosa Gruber als kleines Mädchen; beide überzeugen darstellerisch und stimmlich. (Bild: reinhard winkler)
Momente des Familienglücks: Karsten Kenzel als Bruce, Alisons Vater und Helena Unger/Rosa Gruber als kleines Mädchen; beide überzeugen darstellerisch und stimmlich.

Die Familiengeheimnisse
Im Mittelpunkt steht ein doppeltes Coming-out: Als Alison 19 Jahre alt ist, kommt ihr Vater ums Leben. Selbstmord oder Unfall? Alison blickt auf ihre Kindheit und Jugend zurück, was ans Licht kommt, ist ein Geheimnis, das Vater und Tochter teilen: Beide sind sie homosexuell. Mit diesem Wissen rollt Alison in „Fun Home“ ihre ganz besondere Familiengeschichte auf.

Mit Musik und starke Emotionen 
Die Regie von Weber setzt auf viel Schauspiel, freilich wird auch viel gesungen, doch es gibt weder Ohrwürmer, noch Stimmakrobatik, sondern die Musik von Jeanin Tesori wagt das Experiment, ohne eingängige Melodien auszukommen. Vielmehr versucht die Musik, das Leben der Figuren zu begleiten, starke Emotionen inklusive.

Szene, in der sich Alison als lesbisch outet. (Bild: Reinhard Winkler)
Szene, in der sich Alison als lesbisch outet.
Sanne Mieloo (li.) und Celina dos Santos (Bild: Reinhard Winkler)
Sanne Mieloo (li.) und Celina dos Santos

Tolles Ensemble mit junger Verstärkung
Karsten Kenzel ist ein liebender Vater mit Schattenseiten, er ist unglaublich wandlungsfähig. Die Figur der Alison ist in drei Lebensaltern auf der Bühne: Bezaubernd und den Rollen gewachsen die kleine Helena Unger, alternierend mit Rosa Gruber sowie Benjamin Kirchschläger/Gabriel Federspieler und Michael Falkner als ihre Brüder.

Celina dos Santos zeigt wunderbare Facetten als verwirrter Teenager, der sein Herz und seinen Schmerz entdeckt. Sanne Mieloo ist die erfahrene Alison, die durch die Homestory führt. Daniela Dett und Bettina Schurek komplettieren das gut eingespielte Ensemble, das die Geschichte sensibel und liebevoll, temporeich und packend ins Publikum des Linzer Musiktheaters bringt. Großer Applaus!

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