Russland rüstet sich:
„Digitales KZ“ soll mehr Männer zwangsrekrutieren
Am Dienstag hat die russische Staatsduma in einer Blitzabstimmung ein neues Gesetz verabschiedet, das es den Behörden erleichtern soll, Männer für den Krieg einzuziehen. Ab nun sollen die Einberufungsbefehle nicht nur in Briefform zugestellt werden, sondern auch auf elektronischem Wege. Damit ist es nicht mehr möglich, keinen Einberufungsbefehl zu erhalten, die Menschen sind den Behörden komplett ausgeliefert. Immer mehr mutiert das Land des Kreml-Herrschers zu einem totalitären und sadistischen Überwachungsstaat - mit Folgen, die man sich als Österreicher kaum vorstellen kann.
Über ein Jahr dauert Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine bereits. Seit 21. September gilt in Russland die Teilmobilmachung. Mittlerweile wird es immer schwieriger, dem Kriegseinsatz zu entkommen. Denn nun trudelt der gefürchtete Bescheid auch über das Digitalregister „Gosuslugi“ ein, das jeder Russe auf seinem Smartphone hat.
Schlimmer als in Orwells „1984“
Denn es ist so etwas wie die E-Card mit der gesamten Dokumentenmappe, die jeder von uns zu Hause sicher in einer Lade verstaut hat, praktisch vereint in einer Handy-App. Durch „Gosuslugi“ ist man der „gläserne Mensch“ schlechthin, denn die Plattform enthält Passdaten, Steuernummer, Rentenversicherungsausweis, Führerscheindaten, Telefonnummer, Meldezettel, etwaige Vorstrafen, medizinische Daten, Informationen über den Bildungsstand und mehr.
Und selbst wenn man „Gosuslugi“ löscht, was mittlerweile auch nicht immer funktioniert, kann der Einberufungsbescheid trotzdem zugestellt werden. Denn dann scheint er einfach in einem speziellen Register auf. Verstreichen sieben Tage nach dem Eintreffen im Register, gilt das Dokument als offiziell zugestellt.
Theoretisch ist es auch möglich, dass der digitale Befehl beispielsweise über soziale Netzwerke übermittelt wird. Oder auf einfachem Postweg an die offiziell angegebene Wohnadresse oder wie auch immer. Egal ob er ankommt oder nicht - er gilt als zugestellt.
Bürgerrechte massiv beschnitten
Melden sich die Betroffenen daraufhin nicht bei der Militärbehörde, werden ihre Bürgerrechte automatisch massiv beschnitten. Man kann das Land nicht mehr verlassen, nicht mehr unternehmerisch oder selbstständig tätig sein, keinen Kredit mehr aufnehmen und auch keine Immobilien und keinen Pkw mehr registrieren lassen, berichtet die unabhängige Nachrichtenseite „Novaya Gazeta. Europe“. Ignoriert man den Bescheid systematisch, können dafür laut dem Portal „Meduza“ bis zu zwei Jahre Haft drohen.
Die Macht der Militärkommissariate
Das unabhängige Medium „Mediazona“ hat mit Experten über das neue Gesetz gesprochen. Unter anderem wurde dabei angemerkt, dass die „Informatisierung von Militärunterlagen ein Versuch ist, ein digitales Konzentrationslager mit völlig beispiellosen Befugnissen von Militärkommissariaten zu schaffen“. Besonders gruselig: Die Änderungen betreffen grundsätzlich alle Russen ab 17 Jahren. Und die Wahrscheinlichkeit, dass die russischen Behörden Menschen für den Krieg zwangsrekrutieren werden, gilt als extrem hoch.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.