Manche Graffiti-Künstler stellen ihre Werke in Galerien aus, andere werden als Schmierfinken gejagt. Fakt ist: Wer nicht auf legal zur Verfügung gestellten Wänden herumsprüht, begeht eine Sachbeschädigung, die mit Ärger und extrem hohen Kosten verbunden ist. Die ÖBB können davon ein Lied singen. Ein junger Sprayer versucht den Reiz an seinem Hobby zu erklären.
Warum laufen vor allem viele junge Menschen im Dunkeln mit Spraydosen durch die Stadt, um auf Wänden meist farbenfrohe Bilder zu hinterlassen oder diese mit laienhaftem Gekritzel zu beschmieren? Einer, der es wissen muss, ist der 22-jährige Lukas (Name von der Redaktion geändert). Er sprüht inzwischen vor allem legal, das Illegale reizt ihn aber nach wie vor. Deshalb möchte der Tiroler anonym über sein Hobby sprechen.
Der Wand auf besondere Weise Stempel aufdrücken
Mit 14 Jahren griff Lukas zum ersten Mal zur Dose. Damals habe er Blut geleckt - es war der Beginn einer Leidenschaft. „Es geht mir nicht um den Kick beim Malen. Ich finde es einfach geil, am nächsten Tag an der Mauer vorbeizufahren und mein Bild zu sehen“, erklärt der 22-Jährige. Limits austesten, die Welt zu einem bunteren Ort machen und Grenzen überschreiten - dennoch sehen die meisten in der Szene es nicht als Straftat, was sie machen. Es sei vielmehr eine Gestaltung des öffentlichen Raums. „Der Wand auf besondere Weise seinen Stempel aufzudrücken, das ist das, um was es geht“, betont auch Lukas.
Kreative Menschen mit „normalem“ Leben
Der junge Tiroler beschreibt sich und andere, die sein Hobby ausüben, als kreative Menschen. „Die meisten, die ich kenne, haben Familie, manchmal sogar schon Kinder und viele gehen tagsüber ganz normal arbeiten.“ Nachts verschaffen sie sich aber teilweise illegal Zugang auf Bahngleise, Firmengelände oder - in großen Städten - sogar U-Bahn-Tunnels. „Wer aufpasst und vorsichtig ist, wird in der Regel aber nicht erwischt“, spricht der „Graffiti-Künstler“ aus Erfahrung.
„Mehr Videoüberwachungen als früher“
Die Polizei und vor allem die ÖBB haben dem illegalen Geschmiere aber längst den Kampf angesagt. „Es gibt mehr Videoüberwachung als früher“, weiß Lukas, der bei den meisten Graffiti auch ohne Tags - so werden die Unterschriften der Sprüher genannt - sofort weiß, wer am Werk war.
Lukas kann jeden verstehen, der sich über die Sachbeschädigungen ärgert. „Für uns ist es aber ein kreatives Austoben.“
„Kunst“ mit irren Schäden
Nicht weniger als 2946 Schmierereien brachten im Vorjahr die ÖBB zur Weißglut. Denn vor allem die Reinigung ist teuer und harte Knochenarbeit. Mit Bürsten und Schwämmen „bewaffnet“ müssen Bahnmitarbeiter immer wieder stundenlang Lack-Farben von Zügen regelrecht abschrubben. „Dabei werden spezielle Lösemittel verwendet, damit etwa Bremsschläuche nicht angegriffen oder sicherheitsrelevante Kennzeichnungen nicht mit abgewaschen werden“, weiß ÖBB-Sprecher Christoph Gasser-Mair.
Mehrere zehntausend Euro kostet den ÖBB die Entfernung von Graffiti allein in Tirol. Österreichweit ist 2022 ein Schaden von 3,2 Millionen Euro entstanden. „Auch deshalb werden solche Straftaten konsequent angezeigt und der entstandene Schaden eingefordert“, erklären die ÖBB. Insgesamt 32 Sprayer wurden im Vorjahr erwischt und angezeigt - darunter ein Duo, das in den vergangenen 15 Jahren für über 420 Fälle mit einem Schaden von mehr als 500.000 Euro verantwortlich sein soll.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.