Auch in U-Bahn
Moskau spürt Einberufene mit Gesichtserkennung auf
Der Moskauer Militärkommissar Maxim Loktjew hat gegenüber der russischen staatlichen Nachrichtenagentur „TASS“ mitgeteilt, dass das in der russischen Hauptstadt installierte Gesichtserkennungssystem ab sofort unter anderem zur Suche nach Wehrpflichtigen eingesetzt würde. Nun ist wirklich niemand mehr sicher. Denn die vor kurzem eingeführten elektronischen Einberufungsbefehle haben an sich, dass sie nicht nicht zugestellt werden können. Und Kameras findet man in Moskau an jeder Ecke - in vielen Fällen sogar vor dem Stiegenhaus.
Wir schreiben Tag 419 im blutigen Russischen Angriffskrieg. Während die Schreckensmeldungen an der Front kein Ende nehmen, wird auch die Situation innerhalb Russlands immer angespannter. Der Kreml zieht immer mehr Register und verwandelt das Land laut Kritikern in einen „digitalen Gulag“.
Teilmobilmachung wurde nie beendet
Die am 21. September verkündete Teilmobilmachung wurde nie offiziell beendet. Hinzu kommt, dass der Einberufungsbescheid ab nun auch auf elektronischem Wege übermittelt werden kann. In der Regel soll das Procedere über das Digitalregister „Gosuslugi“ abgewickelt werden, das jeder Russe auf seinem Smartphone hat.
Selbst wenn man „Gosuslugi“ löscht, was mittlerweile auch nicht immer funktioniert, kann der Einberufungsbescheid trotzdem zugestellt werden. Denn dann scheint er einfach in einem speziellen Register auf. Verstreichen sieben Tage nach dem Eintreffen im Register, gilt das Dokument als offiziell übermittelt.
Offizielle Seite gibt sich gewohnt zynisch
Melden sich die Betroffenen daraufhin nicht bei der Militärbehörde, werden ihre Bürgerrechte automatisch massiv beschnitten. Unabhängige Experten sprechen gar von einem „sozialen und wirtschaftliche Tod“, so drastisch sind die Eingriffe. „Ich denke, dass wir diese Aktion ganz ruhig und gut gelaunt durchführen werden“, meinte Militärkommissar Loktjew allen Ernstes dazu.
„Um den Wohnort des Wehrpflichtigen zu bestimmen, werden Videoüberwachungssysteme in der Stadt Moskau verwendet. Darüber hinaus werden auf Anweisung des Moskauer Bürgermeisters [Sergej Sobjanin] die Organisationen, wo die Einberufenen tätig sind, den Militärkommissariaten Informationen über sie zukommen lassen. Bildungseinrichtungen sind uns dabei behilflich, festzustellen, wo die Wehrpflichtigen studieren“, führte Militärkommissar Loktjew aus. Diese Informationen seien ausreichend, um die betroffenen Personen aufspüren zu können.
Russland, der Überwachungsstaat
Die russische Hauptstadt Moskau setzt bereits seit 2017 auf Gesichtserkennung. Seit Oktober 2021 ist auch in der U-Bahn ein solches System im Einsatz - zunächst war es nur für den Fahrkartenverkauf gedacht. Laut Experten soll es so ausgefeilt seien, dass es sogar Personen mit Motorradhelmen erkennen kann.
Bereits bei der Einführung der Technik warnten Kritiker, dass die Gesichtserkennung von Sicherheitsbehörden genutzt werden könnte, um beispielsweise Demonstranten zu identifizieren und anschließend zu verhaften. Seit dem Ukraine-Krieg ist die Technik auch im Einsatz, um jene aufzuspüren, die sich der Einberufung entziehen.
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