Tötung oder Gehege?
Problembärin „Gaias“ Schicksal spaltet Italiener
Das Schicksal der am Dienstag eingefangenen Problembärin „JJ4“ alias „Gaia“, die vor zwei Wochen einen 26-jährigen Jogger im norditalienischen Trentino getötet hat, spaltet Italien. Während sich 63 Bürgermeister von Trentiner Gemeinden der Forderung des Landeshauptmannes Maurizio Fugatti, die Bärin zu töten, anschließen, haben Prominente eine Kampagne zur Rettung von „Gaia“ gestartet.
Die Bärin war am Montagabend von der Trentiner Forstbehörde mit einer großen Rohrfalle gefangen und anschließend in einem mit Strom gesicherten Gehege des Tierpflegezentrums Casteller in der Provinz Trentino untergebracht worden. Dort befindet sich mit „M49“ ein weiterer Problembär. Der als Ausbrecherkönig bekannte „Papillon“ hatte mehrfach Nutztiere gerissen und es sogar geschafft, sein Senderhalsband abzustreifen. Zudem war er bereits zweimal aus dem Tierpflegezentrum entwischt.
Was mit „Gaia“ passiert, entscheidet ein Gericht
Was nun mit „Gaia“ passieren wird, ist unklar, ihr Leben stand schon einmal auf Messers Schneide. Denn die Provinz Trient hatte nach der tödlichen Attacke auf den Jogger vor zwei Wochen die Erlegung des Tieres angeordnet. Doch das Verwaltungsgericht in Trient hob den Abschussbefehl auf, nachdem Tierschutzvereine Berufung eingelegt hatten. Die Anordnung wurde dem Dekret zufolge vorerst bis 11. Mai ausgesetzt. Dann werde es eine Anhörung vor Gericht geben, um über das Schicksal der Bärin zu entscheiden.
Der Trentiner Landeshauptmann Fugatti will sich nach eigenen Worten weiter dafür einsetzen, dass das Gericht die Bärin zum Abschuss freigibt. 63 Bürgermeister von Trentiner Gemeinden schlossen sich seinem Appell an, die Bärin zu töten. „Aggressive und gefährliche Bären sollen getötet werden“, heißt es in einem Schreiben.
Bürgermeister orten Schaden für Tourismus
Die Bürgermeister fordern die Entwicklung langfristiger Lösungen für das Management des Lebensraums der Bären sowie eine Einbindung der Gemeinden und verlangen eine Überprüfung des Projekts „Life Ursus“, der europäischen Strategie zur Wiederansiedlung von Braunbären in den Alpen. Die Ortschefs beklagen auch Probleme für den Tourismus. Mehrere geplante Urlaube im Trentiner Tal Val di Sole, wo der Jogger getötet wurde, wurden bereits storniert. Der Schaden für den Fremdenverkehr sei groß.
Anders die Einschätzung von Tierschützern: Sie kritisieren die Pläne zur Tötung der Bärin und plädieren für die Einrichtung von Wildtierkorridoren und die Sensibilisierung der Bevölkerung im Umgang mit wilden Tieren. Die Bären seien Teil der Alpen. Man müsse versuchen, gemeinsam zu leben. Der Tierschutzverband LAV forderte die Unterbringung von „JJ4“ im Ausland. Der WWF kritisierte Landeshauptmann Fugatti und schreibt, es sei „kurzsichtig und ideologisch“, weiterhin das Entfernen von Dutzenden Bären vorzuschlagen. Damit würden die Uhren um mehr als 50 Jahre zurückgedreht.
„Die Bärin einzuschläfern, wäre verrückt“
Auch Prominente schlossen sich dem Appell der Tierschützer an. Zu ihnen zählt die Schauspielerin Ornella Muti. „Es gibt viele Organisationen, die die Bärin in Sicherheit bringen können, sie einzuschläfern wäre wirklich verrückt“, sagte die Schauspielerin, die am vergangenen Samstag zusammen mit ihrer Tochter Naike Rivelli in Rom an einer Demonstration gegen die Jagd teilnahm. Eine Gruppe von Parlamentariern richtete eine Anfrage an Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin und forderte, dass „JJ4“ nicht getötet wird.
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