Beim Thema Wolf scheiden sich die Geister. Kann eine Koexistenz mit dem Wildtier funktionieren? Das Forum „Naturschutz und Wirtschaft Kärnten“ lud Mittwochabend zur Diskussionsrunde, um die Auswirkungen des Wolfes auf den Tourismus aus verschiedenen Blickwinkeln fachlich zu behandeln.
Landwirte, Touristiker, Politiker, Wolfsgegner, Wolfsfreunde - ein buntes Publikum fand am Mittwochabend den Weg in den Festsaal der Wirtschaftskammer Kärnten. 130 Sitzplätze waren gefühlt, um die Frage, welche Auswirkungen der Wolf auf den Tourismus hat, beantwortet zu bekommen. „Ich hoffe auf eine wertschätzende Diskussion“, eröffnet Moderator Christoph Aste, Obmann Forum Naturschutz und Wirtschaft Kärnten, die Veranstaltung.
Der neue Landeshauptmann-Stellvertreter und zuständige Referent Martin Gruber machte seinen Standpunkt schnell klar: „Der Wolf hat in Kärnten nichts verloren.“ Herdenschutz funktioniere laut Landwirtschaftskammerpräsident Siegfried Huber in Kärnten nicht - es sei nicht realistisch und finanziell nicht stemmbar.
Vier Wolfsrudel in Kärnten
Danach gab der Kärntner Wolfsbeauftragte Roman Kirnbauer einen Überblick über die Zahlen zur Rückkehr des Wolfes, die Rissbilanz und die Rudelbildung der letzten Jahre. Er sprach von mittlerweile vier Rudel, die vor allem in den Bezirken Spittal, Hermagor und Villach-Land unterwegs sind. „2021 hat die Rudelbildung begonnen, die Risse sind seither exponentiell gestiegen. Im Vergleich: 2019 gab es drei gerissene Schafe“, so Kirnbauer. Geographisch seien wir ein sogenanntes Wolfszuwanderungsgebiet.
Monitoring als Lösungsansatz?
In Niedersachsen in Deutschland führt man seit 2011/12 ein intensives Wolfsmentoring, das von Raoul Reding vorgestellt wurde. Er sprach von „einem individuellen statt einem generellen Wolfsproblem“. Denn wie oft es zu Nutztierschäden kommt, würde vom Wolf und den generellen Rahmenbedingungen abhängen.
Dank dem intensiven Monitoring wurde festgestellt: Der Wolf kommt sowohl in Kulturlandschaften als auch im Wald sehr gut klar. Da ein Wolf zwischen 150 und 350 Quadratkilometer Territorium beansprucht, wurde eine Habitatseignungsanalyse durchgeführt. Damit wurde evaluiert, welche Gebiete sich „aus ökologischer Sicht gut für den Wolf eignen würden“. Das Ergebnis: Rund 85 Prozent des Landes Niedersachsen könnten theoretisch vom Wolf besiedelt werden.
Unter 0664 80 536 11 499 können Wolfsrisse gemeldet werden. Es gibt fünf Rissbegutachter in Kärnten.
Der Schweizer-Experte Marcel Züger teilte seine Erfahrungen zum Thema Wolf und Tourismus: „Es gab nie eine Ko-Existenz von geregelter Weidewirtschaft und Großraubtieren.“ Der Wolf sei ja bereits seit rund 500 Jahren weitgehend ausgerottet gewesen. „Alle zwei Jahre gibt es in der Schweiz eine Verdoppelung der Wolfsbestände sowie der Nutztierschäden“, erklärt Züger. Denn wo es viel Futter gibt, wird es auch viele Rudel geben.
Frei zugängliche Landschaft wird durch den Wolf zunehmen passé!
Marcel Züger, Ökobüro Pro Valladas GmbH Graubünden
Vorgeschlagene Lösungsansätze wie Herdenschutzhunde oder wolfsabweisende Zäune seien schwer mit dem Tourismus vereinbar oder wurden bereits vom VIerbeiner überwunden. „Die Wolfsbesiedelung wird künftig flächendeckend sein.“
EU-Umweltkommisar soll nach Kärnten kommen
Vor allem in der Almwirtschaft sorgt das Tier für Herausforderungen: „Die Almwirtschaft ist die höchste Stufe der Artgerechten Tierhaltung, aber der jährliche Almauftrieb ist seit 2010 um 20 Prozent zurückgegangen“, zeigte Josef Oberweger auf.
Er warnt außerdem vor dem „schleichendem Zuwachsen“ der Kärntner Almen. Laut einer Umfrage gäbe es in Kärnten sogar eine Mehrheit für wolfsfreie Zone und die Abschüsse von Problemwölfen. Im Sommer soll jedenfalls der Umweltkommissar der EU nach Kärnten kommen, um sich einen Eindruck der Almen zu verschaffen.
Seitens der Hotellerie, vertreten durch Sigismud Moerisch, heißt es: „Wandern, Erlebnisse in der Natur, Zeit in den Bergen sind oft genannte Urlaubsmotive!“ Auch für ihn, sei eine Koexistenz mit dem Wolf schwierig. „Die Romantisierung des Wolfes ist ein Problem, vor allem in einem Tourismus- und Kulturland.“
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