Wahlkampf in Türkei
„Perverse Tendenzen“: Erdogan droht LGBT-Bewegung
Wenige Wochen vor den Wahlen in der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdogan neue Drohungen in Richtung der LGBT-Community ausgesprochen. „Wir werden aktiv gegen perverse Tendenzen wie LGBT vorgehen, die unsere Familienstruktur bedrohen“, sagte Erdogan. Zudem will er erdbebenbedingten Zuzug in die Stadt Istanbul verhindern und Menschen umsiedeln.
LGBT ist die englische Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell und Transgender. Oft werden auch die Varianten LGBTQ, LGBTQI oder LGBTQIA+ verwendet. Jeder Buchstabe steht für die eigene Geschlechtsidentität oder die sexuelle Orientierung.
Erdogans AKP für homo- und transfeindliche Gesinnung bekannt
Erdogan, seine regierende AKP sowie ihr Partner, die ultranationalistische MHP, tragen ihre homo- und transfeindliche Gesinnung offen zur Schau und finden damit Anklang in ultrakonservativen Wählerkreisen. Tausende im Land gingen 2022 auf die Straße, um ihre Ablehnung der LGBT-Community zu demonstrieren. Den Austritt aus der Istanbul-Konvention zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen 2021 rechtfertigte die Regierung etwa damit, dass das Abkommen Homosexualität normalisiere.
Wahlen am 14. Mai
Menschenrechtler und Aktivisten kritisieren seit Jahren ein zunehmend feindliches Klima, vermehrte Hassrede gegen und Unterdrückung von LGBT in der Türkei. Bei den Wahlen am 14. Mai um das Präsidentenamt und das Parlament tritt Erdogan unter anderem im Bündnis mit islamistischen Parteien an. Sie, aber auch die dem größten Oppositionsbündnis angehörende Saadet Partei, äußern sich offen LGBT-feindlich. Teilen der Opposition machte Erdogan einen Vorwurf daraus, sich für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen und Transmenschen auszusprechen.
„Es wird keine zusätzliche Bevölkerung nach Istanbul kommen“
Vor dem Hintergrund der Erdbebengefahr in der Metropole Istanbul will Erdogan unterdessen weiteren Zuzug in die Stadt verhindern und Menschen umsiedeln. „Es wird keine zusätzliche Bevölkerung nach Istanbul kommen“, sagte der Präsident laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu Dienstagabend. Bevölkerung, die sich in Risikogebieten im Zentrum der Stadt befinde, werde auf Peripherien mit geringem Erdbebenrisiko verteilt.
Wie genau das geschehen soll, ließ der Präsident offen, man sei aber mit den Vorbereitungen beschäftigt. Der stetig wachsenden Stadt mit derzeit offiziell 16 Millionen Einwohnern droht Wissenschaftern zufolge in den kommenden Jahren ein Beben der Stärke höher als 7. Das Epizentrum des erwarteten Bebens liegt etwa 15 Kilometer vor der Stadt im Marmarameer. Die Erdbebenwarte Kandilli gibt die Wahrscheinlichkeit für ein Beben der Stärke 7,4 bis zum Jahr 2030 mit 60 Prozent an. Experten gehen von starker Zerstörung und Zehntausenden Toten aus.
50.000 Tote bei Erdbeben Anfang Februar
Erdogan kündigte an, Reservestädte für eine Million Menschen in der Provinz Istanbul errichten zu wollen. Diese sollten Menschen dienen, die ihre nicht erdbebensicheren Gebäude aufrüsten lassen wollten. Insgesamt habe man mit den Arbeiten für sieben solcher Reservestädte begonnen. Erdogan sprach von 220.000 gefährdeten Häusern in Istanbul. Seit den verheerenden Beben mit mehr als 50.000 Toten im Südosten des Landes Anfang Februar bestimmt auch dieses Thema den Wahlkampf.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.