Teuerungskrise

In Österreich sind immer mehr Menschen arm

Österreich
20.04.2023 22:59

Die Teuerungskrise zeigt deutliche soziale Folgen: 201.000 Personen waren in Österreich 2022 erheblich materiell und sozial benachteiligt. Das heißt, dass sich 2,3 Prozent der Bevölkerung mehrere Ausgaben wie neue Möbel, einen Urlaub oder eine angemessen warme Wohnung nicht leisten konnten. 2021 waren es noch 160.000 Personen oder 1,8 Prozent der Bevölkerung. Frauen und Alleinerziehende sind davon besonders betroffen. Und auch in den Spitälern wird die Situation immer prekärer. Dort wird es ohne Hilfe aus dem Ausland künftig wohl nicht funktionieren.

Diese Daten hat die Statistik Austria am Donnerstag veröffentlicht. Als erheblich materiell und sozial benachteiligt gilt nach EU-Definition, wer sich mindestens sieben von 13 Merkmalen und Aktivitäten des täglichen Lebens nicht leisten kann. Diese reichen von unerwarteten Ausgaben in der Höhe von 1300 Euro über einen Urlaub pro Jahr bis hin zu einer angemessen warmen Wohnung.

Von den 201.000 Betroffenen machten Frauen ab 18 Jahren mit 95.000 oder 47 Prozent die größte Gruppe aus. Des Weiteren waren 70.000 Männer ab 18 Jahren (35 Prozent) sowie 36.000 Kinder und Jugendliche (18 Prozent) Teil dieser von absoluten Armutslagen Betroffenen.

Einelternhaushalte haben höchstes Risiko 
Das höchste Risiko erheblicher materieller und sozialer Problemlagen hatten Personen in Einelternhaushalten. Mit 12,7 Prozent war diese Gruppe fünf Mal häufiger einer erheblichen materiellen und sozialen Deprivation ausgesetzt als die Gesamtbevölkerung. Alleinlebende Frauen (ohne Pensionistinnen) waren nach der Lebensform betrachtet mit 5,7 Prozent die am zweithäufigsten betroffene Gruppe.

Sozialleistungen federn Schlimmeres ab 
Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) erklärte dazu, dass die soziales Lage in Österreich in einem Jahr mit enorm hoher Inflation „weitgehend stabil“ geblieben sei. „Das zeigt, dass wir mit unseren Hilfsmaßnahmen den richtigen Weg gegangen sind“, betont Rauch in einer Aussendung. Für ihn ist aber klar: „Armutsbekämpfung bleibt ein zentraler Auftrag an die Politik. Jeder Mensch in Armut ist einer zu viel.“

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) (Bild: APA/TOBIAS STEINMAURER)
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne)

Die gute Nachricht für den Sozialminister ist: „Der Sozialstaat trägt. Ohne Sozialleistungen und Pensionen wäre die Zahl armutsgefährdeter Menschen dreimal so hoch.“ Besonderes Augenmerk will er heuer auf den Kampf gegen Kinderarmut legen. In der „ZiB 2“ des ORF erklärte er zudem, er wolle gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler den Lebensmittelhandel einladen, um zu klären, warum Produkte um das Doppelte oder sogar Dreifache teurer geworden seien.

Rauch: „Ohne Paradigmenwechsel werden wir verlieren“
In dem Interview bekräftigte Rauch zudem, dass es für die Entlastung der Spitäler eine Pflegemilliarde geben müsse, da das Gesundheitssystem sonst in fünf Jahren nicht mehr leistbar sein würde. Der Frust der Ärzte sei sehr groß, da es zu wenig Personal gebe und die Bezahlung nicht angemessen sei. Hier sei es jedoch schwierig, rasch Abhilfe zu schaffen, so der Minister. Es brauche strukturelle Reformen.

Unter anderem sollen künftig auch Mediziner aus dem Ausland angeworben werden. Allein wegen der demografischen Lage sei dieser Schritt notwendig, erläuterte der Politiker. In diesem Bereich habe die Politik in der Vergangenheit viele Fehler gemacht, indem man den Menschen erzählt habe, dass alles von außen schlecht sei. Es brauche einen Paradigmenwechsel und es muss laut Rauch wieder eine Kultur des Willkommens gepflegt werden - „denn sonst werden wir verlieren“, mahnte er zum Abschluss. 

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