Er soll schwer krank sein, in den geleakten US-Geheimdienstdokumenten ist sogar von einer Chemotherapie die Rede. Parkinson und Paranoia werden dem russischen Präsidenten Wladimir Putin von Beobachtern ebenfalls attestiert. Vor einigen Wochen zweifelte sein ukrainisches Gegenüber Wolodymyr Selenskyj sogar daran, dass der Kremlchef überhaupt noch lebt. Gibt es den „echten“ Putin noch, oder wird dieser von lauter Doppelgängern vertreten, wie die ukrainische Regierung vermutet?
Diese Frage lässt sich natürlich nicht eindeutig beantworten. Fakt ist aber, dass es nun zu einem Streit zwischen Moskau und Kiew über die Existenz des „echten“ russischen Präsidenten gekommen ist. Jüngster Anlass war ein in russischen Medien verbreiteter Frontbesuch Putins in den besetzten Regionen Cherson und Luhansk. Wann dieser genau stattgefunden hat, ist unklar.
Neben einer Begutachtung der militärischen Lage stand aber auch das orthodoxe Osterfest im Mittelpunkt des Besuchs, das vergangenes Wochenende gefeiert wurde. Wie der Kreml mitteilte, hatte Putin seinen Soldaten zu den Feierlichkeiten eine Ikone überreicht. Staatliche russische Medien veröffentlichten zudem ein kurzes Video, das den Hubschrauber zeigen soll, mit dem Putin in den besetzten Gebieten reiste (siehe Schnappschuss aus dem Video unten).
Laut Kreml war Putin ohne Generalstabschef Waleri Gerassimow und ohne Verteidigungsminister Sergej Schoigu unterwegs. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte dies mit Sicherheitsvorkehrungen - es sei ein zu „großes Risiko“, die drei für militärische Entscheidungen zuständigen Männer gemeinsam in eine gefährliche Region reisen zu lassen.
Kiew: „Putin ist ein verängstigter Mann“
Doch dieser offiziellen Darstellung schenkt man in Kiew keinerlei Glauben. „Das war nicht der echte Putin“, behauptete am Mittwoch der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, Olexij Danilow, ohne aber entsprechende Beweise zu liefern. Nach Danilows Worten sei Putin „ein verängstigter Mann“, und die Vorstellung, dass er sich zu einem Besuch der Front entschlossen habe, sei schlicht unmöglich. Und der Regierungsvertreter betonte weiter: „Um mit dem echten Putin sprechen zu können, muss man mindestens zehn bis 14 Tage in Quarantäne.“ Der in Cherson gesichtete Putin sei „ein gewöhnliches Double gewesen, von denen es bekanntlich mehrere gibt“.
In Moskau hält man diese Äußerungen wiederum für „ziemlich seltsam“. Es gebe keinerlei Belege für diese Behauptungen, stellte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow klar. Tatsächlich hatte Putin auch einmal gesagt, dass ihm aus Sicherheitsgründen in der Vergangenheit die Nutzung eines Doubles bei offiziellen Terminen ans Herz gelegt worden sei. „Die Idee kam auf, aber ich habe auf Doppelgänger verzichtet“, sagte er.
Kreml: „Ukraine hat psychologisches Problem mit Putin“
Der Kreml hatte auch bereits im Jänner die von Kiew geäußerten Zweifel an der Existenz Putins zurückgewiesen. Für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj sei das Dasein Putins und Russlands insgesamt ein „psychologisches Problem“, meinte Peskow damals. Je eher Kiew erkenne, dass sowohl Russland als auch Putin auch in Zukunft bleiben würden, desto besser sei das für die Ukraine.
Mitte März, nach einem Besuch in Mariupol, wo auch die Vermutung aufgestellt worden war, dass es sich um ein Putin-Double gehandelt haben soll, veröffentlichte Anton Geraschtschenko, Berater im ukrainischen Innenministerium, drei Bilder, die seiner Ansicht nach nicht ein und denselben Putin zeigten. „Welcher ist der Echte?“, fragte Geraschtschenko.
„Beweisfotos“ manipuliert
Der deutsche Sender ZDF stellte aber fest, dass die Bilder teilweise mit falschen Datums- und Ortsangaben versehen sind und auch noch bearbeitet worden sein dürften. Russland-Experte Gerhard Mangott weiß zwar, dass es genügend Beispiele von autokratischen Herrschern gibt, die Doppelgänger haben oder hatten. Doch gegenüber „ZDF heute“ betonte der Politikwissenschaftler von der Universität Innsbruck, dass bei diesem Thema die ukrainische Regierung keine glaubwürdige Quelle sei.
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