Amtsmissbrauch

Julia Timoschenko zu sieben Jahren Haft verurteilt

Ausland
11.10.2011 12:23
Ukraines Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko muss für sieben Jahre ins Gefängnis. Das Gericht in Kiew hat die 50-Jährige am Dienstag im Prozess wegen Amtsmissbrauchs in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen und folgte dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß.

Richter Rodion Kirejew sah es als erwiesen an, dass Timoschenko (im Bild mit ihrer Tochter und ihrem Ehemann unmittelbar vor der Urteilsverkündung) 2009 mit Russland Gasverträge zum Nachteil der Ukraine abgeschlossen hat. Timoschenko habe während ihrer Amtszeit ihre "Rechte und Machtbefugnisse klar überschritten", sie habe ihren Posten zu "kriminellen Zwecken" eingesetzt, meinte er in Bezug auf die Verträge.

Angeblich 137 Millionen Euro Schaden
Dies habe "schwerwiegende Konsequenzen" für die Ukraine gehabt. Kirejew bezifferte den Schaden für das Land auf umgerechnet rund 137 Millionen Euro. Die Politikerin wurde neben der Haftstrafe auch zu einer hohen "Entschädigungszahlung" verurteilt. Im Anschluss an die Haft soll sie drei Jahre lang keine öffentlichen Ämter ausüben können. Das Gericht entsprach mit dem Urteil in vollem Maß der Forderung der Staatsanwaltschaft, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Noch während der Richter das Urteil sprach, kündigte Timoschenko an, sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wenden zu wollen. Sie werde um ihren "ehrlichen Ruf" bis zum Schluss kämpfen. "Ruhm der Ukraine!", rief die 50-Jährige im Kiewer Gerichtssaal.

Richter als Janukowitsch-"Marionette"
Die Anführerin der "Orangen Revolution" im Jahr 2004 hatte bereits vor der Urteilsverkündung erklärt, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens werde sie ihren Kampf nicht einstellen: "Dieses Urteil wird nichts an meinem Leben, nichts an meinem Kampf ändern." Timoschenko wiederholte ihren Vorwurf, Richter Kirejew sei lediglich eine "Marionette" von Präsident Viktor Janukowitsch, ihrem größten Widersacher.

Als Timoschenko ins Gericht gebracht worden war, hatten Hundertschaften der Polizei im Zentrum der Hauptstadt den Zugang zum Justizgebäude gesichert. Es herrschten chaotische Zustände: Hunderte Anhänger Timoschenkos sowie auch zahlreiche Gegner der Ex-Regierungschefin protestierten vor dem Gebäude. Mindestens drei Menschen wurden festgenommen.

"Schauprozess", "inszenierter Rachefeldzug"
Timoschenko hatte im Prozess stets ihre Unschuld beteuert. Sie sieht das Verfahren gegen sich als "Schauprozess" und einen "inszenierten Rachefeldzug" von Janukowitsch, um die Opposition in der Ukraine auszuschalten. Im Laufe des Verfahrens beschimpfte sie den 31-jährigen Richter, der oft überfordert wirkte, immer wieder als "Marionette" und "Dorftrottel".

Auch die EU und die USA hatten das Verfahren in der Ex-Sowjetrepublik als politisch motiviert kritisiert. Präsident Janukowitsch hingegen lehnte einen Eingriff in das Verfahren ab.

EU kündigt Konsequenzen für die Ukraine an
Im Gefolge des Urteils hat die Europäische Union der Ukraine umgehend mit Konsequenzen gedroht. "Die Europäische Union wird ihre Politik gegenüber Kiew überdenken", sagte eine Sprecherin der EU-Außenpolitikbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel. Der Fall trage das Risiko von "grundlegenden Auswirkungen für die bilateralen Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine" mit sich - auch für den Abschluss des geplanten Assoziierungs- und Freihandelsabkommens.

Auch Außenminister Michael Spindelegger kritisierte das Urteil scharf. Es entstehe der "Eindruck eines politischen Revancheakts", sagte er am Dienstag im Ministerrat vor seinen Kollegen und legte im Pressefoyer im Anschluss an die Regierungssitzung nach: "Das war kein faires, kein rechtsstaatliches Verfahren."

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