Schallenberg blockt ab

Grenzkontrollen: Slowenien reißt der Geduldsfaden

Österreich
25.04.2023 15:51

Seit acht Jahren verlängert Österreich wegen der Flüchtlingskrise immer wieder die Kontrollen an der Grenze zu Slowenien. Der Unmut darüber ist bei unseren Nachbarn groß, Präsidentin Natasa Pirc Musar hat nun sogar davor gewarnt, die Geduld ihres Landes weiter zu strapazieren und droht, in diesem Streit die EU-Kommission einzuschalten, falls man sich „nicht bald verständigt“. Wenige Stunden später meldete sich bereits Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg zu Wort und blockte den Wunsch aus Slowenien ab.

Als erste Maßnahme will Pirc Musar eine Mitteilung an die EU-Kommission schicken und entsprechende weitere Schritte innerhalb der Brüsseler Verwaltung einleiten, sagte Pirc Musar am Dienstag, denn nach acht Jahren wiederholter Verlängerungen habe Wien „überhaupt kein Argument“ für die Kontrollen.

Pirc Musar: „Österreich respektiert Rechtsordnung nicht“
Slowenien habe in den vergangenen Jahren gezeigt, „dass es geduldig sein kann und die Lösung von Problemen auf andere Art und Weise erreichen möchte“, betonte Pirc Musar. „16 Mal wurde das verlängert, jedes halbe Jahr, und wir wissen alle, dass Österreich überhaupt kein Argument für die Verlängerung dieser Grenzkontrollen hat“, kritisierte Pirc Musar. „Als Juristin bin ich traurig, dass Österreich die europäische Rechtsordnung in diesem Punkt nicht respektiert“, sagte die Rechtsanwältin.

Im Sommer drohen wieder kilometerlange Staus
„Ich will keine weitere Sommersaison, in der die Menschen in der Blechschlange rösten, obwohl Slowenien und Österreich beide im Schengenraum sind und man über die Grenze brausen sollte“, sagte die passionierte Motorradfahrerin. Den Kampf gegen illegale Migration könne man „mit weniger einschneidenden Maßnahmen“ führen, beteuerte sie.

Außenminister Alexander Schallenberg (Bild: APA/EVA MANHART)
Außenminister Alexander Schallenberg

Abfuhr von Schallenberg
Schallenberg hat dem Wunsch nach einem Ende der Grenzkontrollen noch am Dienstag eine Abfuhr erteilt. „Natürlich hätten wir auch gerne einen Schengenraum, der wieder das ist, was es sein sollte, nämlich ein grenzfreier Raum. Wir haben aber die Realität, dass z.B. Deutschland gerade die Verlängerung seiner Grenzkontrollen gegenüber Österreich beantragte und dass wir gegenüber anderen Nachbarstaaten auch Kontrollen haben müssen“, sagte er am Dienstag in Rijeka.

Sloweniens Präsidentin Natasa Pirc Musar und Alexander Van der Bellen (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Sloweniens Präsidentin Natasa Pirc Musar und Alexander Van der Bellen

Pirc Musar betonte zugleich, dass sie Österreich als „befreundetes Land“ ansehe. Wie schon zuvor im Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen (siehe Video oben) warb sie für eine Weiterentwicklung der Rechte der slowenischen Minderheit in Österreich. Als großes Anliegen hob sie Klimaschutz hervor. „Wir müssen jeden Tag aufs Neue und immer lauter auf die Klimaveränderungen hinweisen, weil es nicht gut um unseren Planeten steht, den einzigen, den wir haben.“

Keine Alternative sieht Pirc Musar zur Nutzung der Atomkraft durch ihr Land. „Wir müssen realistisch sein. Derzeit kann Slowenien ohne Atomkraftwerk im Energiebereich nicht überleben und das ist ein Faktum“, sagte sie. Das AKW Krsko produziere nämlich ein Drittel des slowenischen Strombedarfs. Ein weiteres Drittel komme aus dem Kohlekraftwerk Sotanj, das aus Klimaschutzgründen abgeschaltet werden müsse. Die Entscheidung über den Bau eines neuen Reaktorblocks in Krsko werde wohl noch Jahre dauern, so Pirc Musar.

Im russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine warb Pirc Musar eindringlich für eine weitere Unterstützung Kiews. „Wenn wir jetzt damit aufhören, der Ukraine zu helfen, ist dies das Ende der Ukraine“, sagte sie. Kreml-Chef Wladimir Putin wolle nämlich „mehr und das ist gefährlich“. Sein nächstes Ziel nach der Ukraine sei Moldau. Gleichwohl zeigte sich Pirc Musar „etwas überrascht“ über die Aussage von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, wonach die Ukraine Mitglied im Bündnis werden soll.

Ende des Ukraine-Krieges „leider noch nicht nahe“
Das Kriegsende ist für Pirc Musar „leider noch nicht nahe“. „Ich sage immer, dass ich noch keinen europäischen Staatsmann kennengelernt habe, der nicht für den Frieden wäre. Das Problem, das wir haben, ist, dass wir derzeit einfach nicht wissen, wie man den Frieden erreichen kann“, sagte sie.

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