Russland bereitet sich auf die ukrainische Gegenoffensive vor, berichtet der britische Geheimdienst. Die Folge: militärische Verluste reduzierten sich im April drastisch. Zweifel gibt es jedoch am erfolgreichen Einsatz eines neuen russischen „Superpanzers“.
In der Ukraine haben sich die Fronten über die kalten Wintermonate zunehmend verhärtet. Militärischen Erfolg verspricht sich der Kreml nun vom Kampfpanzer Typ T-14 Armata aus russischer Fertigung, dessen Effektivität jetzt schon infrage gestellt wird. Putins Chef-Propagandist Wladimir Solowjow erklärte ihn Ende 2022 in einem auf Telegram veröffentlichtem Clip noch zum „besten Kampfpanzer der Welt“. Immer wieder wurde der laut Papier 55 Tonnen schwere T-14 auch als „Superpanzer“ beschrieben.
Nach Informationen des britischen Militärgeheimdienstes ist der Einsatz des neuen Geräts allerdings höchst umstritten. In erster Linie würde er Propagandazwecken dienen. „Befehlshaber würden dem Fahrzeug im Kampfeinsatz wahrscheinlich nicht vertrauen“, teilte der Nachrichtendienst bereits im Jänner mit.
Schwer und groß, statt leicht und mobil?
Die Entwicklung des Panzers sei von Schwierigkeiten und Verzögerungen begleitet worden, zudem sei er größer und schwerer als andere Panzer und könnte daher Probleme für die Nachschublinien bereiten. Dabei hätte der seit 2010 entwickelte T-14 das genaue Gegenteil sein sollen: leichter und mobiler.
Russland hat laut Medienberichten dennoch damit begonnen, mit seinem neuesten Kampfpanzer aus sicherer Entfernung ukrainische Stellungen zu beschießen. An „direkten Angriffseinsätzen“ hätten der T-14 aber noch nicht teilgenommen, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur RIA einen Insider. Zudem geht der britische Geheimdienst davon aus, dass die Produktion der vermeintlichen „Wunderwaffe“ nur bei „einer niedrigen zweistelligen Zahl“ liege.
30 Prozent weniger russische Verluste
Während am militärischen Durchbruch durch den T-14 gezweifelt wird, konnten russische Streitkräfte derweil ihre Opferzahlen im April deutlich reduzieren. Vom ukrainischen Generalstab veröffentlichte Zahlen deuten auf einen Rückgang von durchschnittlich 776 russischen Verlusten pro Tag im März auf durchschnittlich 568 im April hin - was ein Minus von rund 30 Prozent darstellt. Dies folgt auf außergewöhnlich hohe Zahlen im Zeitraum von Jänner bis März.
Der britische Militärgeheimdienst beschreibt die veröffentlichten Daten als „wahrscheinlich zutreffend“. Im aktuellen Briefing des Nachrichtendienstes wird diese Entwicklung jedoch nicht mit militärischen Erfolgen in Verbindung gebracht - viel mehr mit Inaktivität.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
„Die russischen Verluste sind höchstwahrscheinlich zurückgegangen, da die versuchte Winteroffensive ihre Ziele nicht erreicht hat und sich die russischen Streitkräfte nun auf die Vorbereitung der erwarteten ukrainischen Offensivoperationen konzentrieren“, heißt es in einer Mitteilung des britischen Geheimdienstes.
Symbolisches Blutvergießen in Bachmut?
Die blutigsten Kämpfe finden aktuell in Bachmut statt. Der ukrainische Präsident hatte kürzlich gegenüber dem Nachrichtensender Al-Arabiya angekündigt, dass es „unmöglich“ sei, die Stadt aufzugeben. Ein Rückzug „würde die Kampffront erweitern und den russischen Streitkräften und Wagner die Möglichkeit geben, mehr von unserem Land einzunehmen“.
Dabei wurde zuletzt Kritik lauter, dass der Widerstand rein symbolischer Natur sei, da der Stadt keine große strategische Wertigkeit zugeschrieben wird. Denn selbst wenn sich ukrainische Truppen aus der Region zurückziehen würden, wäre ein „Vorstoß auf die Verteidigungslinie Kramatork-Slovjansk für die russische Armee nicht möglich“, erklärt der Russland-Experte Gerhard Mangott gegenüber krone.at.
Die Einnahme von Bachmut wäre allerdings der erste russische Erfolg seit Monaten. „Genau diesen Erfolg will die Ukraine der russischen Seite nicht überlassen. So hat das Halten dieser Stadt auch für die ukrainische Seite eine symbolische und ideologische Bedeutung“, sagt Mangott. Vieles deute jedoch darauf hin, „dass sich die ukrainischen Verteidiger in Bachmut nicht mehr lange halten werden können“.
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