98 Prozent der E-Scooter-Fahrer blinken nicht oder geben kein Handzeichen, 15 Prozent fahren trotz Verbots auf dem Gehsteig und jeder achte fährt laut einer Auswertung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) sogar bei Rot über die Ampel. Entsprechend hoch ist auch das Verletzungsrisiko: Im Vorjahr wurden 3600 Menschen bei Unfällen mit den Geräten verletzt.
Nur zwei Prozent der Nutzer blinken oder geben bei Abbiegevorgängen ein Handzeichen, so das KFV. Mit ein Grund dafür dürfte sein, dass das Geben von Handzeichen vor allem bei leichtgewichtigen Modellen viel mehr Geschicklichkeit erfordert als bei Fahrrädern. Zudem ist die Ausstattung von E-Scootern mit Blinkern nicht verpflichtend, erläuterte KFV-Verkehrsexpertin Ernestine Mayer bei einem Medientermin am Dienstag in Wien.
„Personen mit E-Scootern ohne Blinker sollten das Handzeichengeben unbedingt im Schonraum üben und die Geschwindigkeit drosseln - insbesondere bei der Annäherung an Kreuzungen. Beim Neukauf ist der Umstieg auf Modelle mit Blinker, zwei Bremsen und einer Hupe bzw. Klingel sehr zu empfehlen - auch um für eventuelle künftige Gesetzesänderungen gerüstet zu sein“, sagte Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV. Wien ist hier Vorreiter: Bei Leih-E-Scootern werden diese Ausstattungen ab kommendem Montag, dem 1. Mai, bereits vorgeschrieben.
Mehrheit ohne Helm unterwegs
Verbesserungspotenzial sieht das KFV auch bei der Helmtragequote, die bei E-Scooter-Besitzern lediglich 17 Prozent und bei Nutzern von Leih-E-Scootern gar nur ein Prozent beträgt. „Dabei ist das Risiko für Schädel/Hirnverletzungen bei einem Unfall ohne Helm elfmal höher als mit Helm, wie wir aus durchaus vergleichbaren Studien mit E-Bikes wissen“, sagte Mayer.
„Unsere Minimalforderung an den Gesetzgeber ist die Einführung einer Helmpflicht für alle E-Scooter oder die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit“, bekräftigte Robatsch und appellierte an die Vernunft der Betroffenen: „Bitte tragen Sie freiwillig einen Helm und beachten Sie, dass Sie bereits jetzt in etlichen Situationen - z.B. im Kreuzungsbereich, auf nasser Fahrbahn, in Begegnungszonen - wesentlich langsamer als 25 km/h fahren müssen.“
Oft zu schnell unterwegs
Im Juni und Juli 2022 wurden zudem von NAST Consulting im Auftrag des KFV die Geschwindigkeiten von frei fahrenden E-Scootern im Wiener Straßenverkehr gemessen. Insgesamt wurden 1017 E-Scooter an mehr als 20 Messstandorten im Wiener Stadtgebiet erhoben. „Die Durchschnittsgeschwindigkeit der E-Scooter ist 2022 im Vergleich zu 2019 von 15 auf 18 km/h gestiegen. In Fußgängerzonen lag der Mittelwert bei 16 km/h, obwohl nur fünf km/h erlaubt sind und selbst Gehsteige wurden im Schnitt mit zwölf km/h befahren, obwohl dort komplettes Fahrverbot herrscht“, berichtete die Verkehrsexpertin.
Unfälle meist selbstverschuldet
66 Prozent aller verletzten E-Scooter-Fahrer verunglückten im Vorjahr übrigens bei einem Alleinunfall, 25 hatten ein Fahrzeug als Unfallgegner, wobei 75 Prozent aller Unfälle von den E-Scooter-Lenkern selbst verschuldet waren. Hauptunfallursachen waren die Fehleinschätzung der Bodenbeschaffenheit sowie Unachtsamkeit und Ablenkung, berichtete das KFV. 23 Prozent der verletzten E-Scooter-Fahrer verunglückten zudem auf der Fußgängerinfrastruktur, wo sie laut Straßenverkehrsordnung gar nicht fahren dürfen.
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