„Krone“-Reporter Robert Fröwein flaniert durch die Stadt und spricht mit den Menschen in Wien über ihre Erlebnisse, ihre Gedanken, ihre Sorgen, ihre Ängste. Alltägliche Geschichten direkt aus dem Herzen Wiens.
Im rasanten Tempo strampeln die Radfahrer den Donaukanal entlang, während die Sonne mühevoll gegen die spätwinterlichen Temperaturen kämpft. Dieser April macht wirklich, was er will und sorgt dafür, dass man noch zur Monatsmitte mit der Jacke durch die Stadt läuft. Als ich an einem kühlen Mittwochnachmittag nach einem Musiker-Interview gerade aus der Türe des Wiener Flex komme und meine E-Mails am Handy checke, spricht mich eine ältere Dame von der Seite an. „Entschuldigen Sie, was ist denn das da bitte?“ Dass das Flex seit knapp 28 Jahren an dieser Stelle die Fahnen der Wiener Clubkultur hochhält, war der Dame nicht bekannt. „Früher bin ich oft hier vorbeispaziert und habe mich immer gefragt, was wohl da drinnen ist.“ Sonst fragte sie niemanden. „Entweder fahren die Leute Rad, laufen, verstehen mich nicht oder sind in ihr Handy vertieft.“
Während ich auf einen Anruf warte, unterhalte ich mich weiter mit der netten Dame, die im rüstigen grauen Wintermantel dem einsetzenden Wind trotzt und erzählt, dass sie eigentlich in Floridsdorf wohnt. „In der Pension hat man viel Zeit, also fahre ich gerne in die Stadt und gehe ein bisschen durch die Gegend. An den Donaukanal zieht es mich immer, weil ich vor vielen Jahren mit meinem verstorbenen Mann hier gelebt habe. Es bleibt immer ein Daheim für mich.“ Von den großen Bankengebäuden, den hippen Donaukanal-Lokalen und den coolen Rooftop-Partys war damals noch keine Spur. Veränderungen sieht die Dame pragmatisch. „Die gab es schon immer, warum also darüber ärgern. Und es war auch immer so, dass Dinge sich auch zum Schlechten verändern.“
Aktuell habe sie fortlaufende Probleme bei der Kommunikation mit der Pensionsversicherungsanstalt. Während der Pandemie konnte sie ihre Anliegen telefonisch vortragen und besprechen, ansonsten war sie immer persönlich vorstellig, weil sie den direkten Austausch schätzt. „Während Corona hatte ich auch große Angst und habe verstanden, dass man Distanz hält, aber seitdem werde ich immer abgewiesen, wenn ich mir dort direkt einen Termin ausmachen möchte. Sie verweisen auf ihre Online-Plattformen, aber ich habe keinen Computer und ein altes Handy.“ Für die Dame ist die digitale Entwicklung tatsächlich ein Problem. Sie sei alleinstehend und ohne Nachkommen, erzählt sie mir, den Nachbarn möchte sie auch nicht jedes Mal belästigen.
„Wenn ich dort anrufe, dann werde ich immer auf das Internet verwiesen. Manchmal ist das wirklich zum Verzweifeln.“ Ein Smartphone will sie sich im höheren Alter nicht mehr kaufen, dass die Kommunikation aber derart unflexibel geworden ist, will sie genauso wenig akzeptieren. „Alles wird immer unpersönlicher und schwieriger. An ältere Menschen denkt niemand mehr. Wenn man keine Hilfe in der Familie oder im direkten Umfeld hat, wird man alleingelassen. Es muss doch möglich sein, dass man persönlich, telefonisch und über das Internet kommunizieren kann.“ Der erwartete Anruf erreicht mich und ich verabschiede mich von der Dame. Sie bedankt sich fürs Zuhören und freut sich auf die nächste Spazierrunde. „Morgen soll es wieder sonnig werden.“
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