33 Kumpel gerettet
Das “Wunder von Chile” jährt sich zum ersten Mal
Noch nie waren Bergleute so lange unter Tage eingeschlossen, die ersten 17 Tage überhaupt ohne Kontakt zur Erdoberfläche. Bis 22. August dauerte es nämlich, bis ein Spezialbohrer zu den eingeschlossenen Kumpeln vordrang und einer der Bergleute einen Zettel mit der Nachricht an die Oberfläche schickte, dass alle am Leben seien. Drei Schächte wurden in die Tiefe getrieben. Am 9. Oktober erreichte eine Rettungsbohrung erstmals den Werkstattraum, in dem die Bergleute eingeschlossen waren. Ab da dauerte es nur noch wenige Tage bis zur Befreiung der Bergleute.
Rund um die Unglücksmine war ein Camp entstanden - neben Bohr- und Bergungsspezialisten sowie Angehörigen hatten zahlreiche Fernsehteams ihr Lager dort aufgeschlagen, um immer hautnah am Geschehen zu sein und schlussendlich über die spektakuläre Rettung zu berichten.
Der "chilenische Traum" hat sich erfüllt
"Chi Chi Chi, Le Le, Le", riefen die Umstehenden, als Kumpel Florencio Avalos als Erster in einem käfigähnlichen Rettungskorb auftauchte. Chiles Staatspräsident Sebastian Pinera, ebenfalls an Ort und Stelle, sah den "chilenischen Traum" als erfüllt. Dann ging es Schlag auf Schlag - einer nach dem anderen wurden die Bergleute nach oben gehievt, als Letzter kam Schichtleiter Luis Urzua. Seiner Führungspersönlichkeit wurde es zugeschrieben, dass die Kumpel die ersten 17 Tage ohne Kontakt zur Außenwelt mit einer Lebensmittelration überlebten, die für 48 Stunden als ausreichend galt. Später wurden sie durch einen Versorgungsschacht mit Nahrungsmitteln beliefert.
"Österreich ist Chile zu Hilfe gekommen"
Die Anlage, mit der die Rettungskapsel befördert wurde, stammte von der Leobener Firma ÖSTU-Stetting und wurde von drei Windenfahrern aus Österreich bedient: dem Burgenländer Peter Laschober und den Kärntnern Heinrich Tilz und Johannes Pemberger, die für ihre Leistung im November 2010 von Bundeskanzler Werner Faymann geehrt und Anfang Oktober durch den chilenischen Botschafter in Wien, Alfredo A. Labbe, ausgezeichnet wurden. "Österreich ist uns zu Hilfe gekommen, und diese Zeichen der Menschlichkeit wurde in den drei hervorragenden Fachleuten personifiziert", sagte der Diplomat.
Schlaflosigkeit und Angststörungen plagen die Kumpel
Chiles Präsident Sebastian Pinera reiste unmittelbar nach der Kumpel-Bergung zu einem Staatsbesuch nach Großbritannien und brachte der Queen einen Stein aus der Unglückmine San Jose mit. In der Folge verschenkte er auf seiner Europareise Kopien des Zettels mit der ersten Botschaft der eingeschlossenen Bergleute - sehr zum Ärger des Verfassers, der sich die Botschaft urheberrechtlich schützen ließ.
Weiterer Hader ließ nicht lange auf sich warten: Die Bergleute, die von Interview zu Interview gereicht wurden, litten unter Schlaflosigkeit, Angststörungen, teilweise Panikattacken und Alkoholproblemen. Einigen von ihnen wurde außerdem das Krankengeld gestrichen, weil sie Untersuchungen versäumt hatten. Auch die psychologische Betreuung erfolgte nach Angaben eines ihrer Anwälte nicht so wie versprochen. Die Kumpel warfen dem Präsidenten den Bruch von Zusagen vor.
Kumpel wollen den Staat klagen
Ein Jahr nach dem Unglück hat nun fast die Hälfte von ihnen eine Sonderpension zugesprochen bekommen - umgerechnet nicht einmal 400 Euro monatlich. 31 der 33 Kumpel kündigten an, den Staat auf Fahrlässigkeit zu klagen. Dass eine parlamentarische Untersuchung zum Schluss kam, dass die Betreiber der Kupfermine die Hauptschuld an dem Unglück tragen, reicht ihnen nicht. Sie werfen der zuständigen Behörde vor, die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften nicht überprüft zu haben. Ihr Rechtsvertreter fordert nun rund 380.000 Euro Entschädigung pro Person.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.