Neuerlicher Prozess
Redete mit Nawalny: Wagner-Söldner mit Tod bedroht
Der Wagner-Söldner Wadim Akimow war vor seiner Rekrutierung durch Jewgeni Prigoschin gemeinsam mit dem russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny in der Strafkolonie IK-6 untergebracht. Nun berichtete er von wüsten Drohungen seitens der Gefängnisleitung, weil er mit dem Kreml-Kritiker, der gerade wieder einmal vor Gericht steht, gesprochen hat.
Es sei ein Gespräch mit Nawalny gewesen, das gleich das Fass zum Überlaufen gebracht habe, berichtet der Fernsehsender „Nawalny LIVE“. „Sie haben mir einfach erklärt: Wenn sie mich noch einmal mit Alexej Nawalny sehen und ich mich mit ihm über gewisse Themen unterhalte, werde ich einfach spurlos verschwinden - für immer.“
Im folgenden Tweet ist Akimow zu sehen. Er äußerte sich öffentlich über seine Begegnung mit Nawalny, über Folter, wie Verwundete in Prigoschins Einheit behandelt werden und wie man einfach Söldner erschoss, um ein Exempel zu statuieren. Die Aufnahmen geben zudem Einblicke in die besonders gefürchtete Strafkolonie IK-6. Laut Akimow ist es „der schrecklichste Ort in Russland“.
Schikane und Psychoterror im russischen Gefängnis
Zuletzt hatte Nawalnys Anwalt Wadim Kobsew über den sich verschlechternden Gesundheitszustand des 46-Jährigen in Einzelhaft berichtet. Am Mittwoch wurde der Politiker nach dem Ende seiner 15-tägigen Isolationshaft im Straflager Melechowo im Gebiet Wladimir rund 250 Kilometer nordöstlich von Moskau sofort erneut in eine Einzelzelle verlegt: das 14. Mal seit dem vergangenen Sommer.
Für ihn sei das sogar zu Sowjetzeiten geltende eiserne Gefängnisprinzip gebrochen worden, einem Häftling nach 15 Tagen Einzelarrest zumindest einen Tag Erholung zu gönnen, teilten Nawalnys Vertraute auf seinem Telegram-Kanal mit. In der engen Isolationszelle sind die Bedingungen besonders hart. So können Gefangene dort kein zusätzliches Essen kaufen oder von Angehörigen besucht werden. Der Politiker hatte zuletzt zudem darüber berichtet, dass ihm die Zeit zum Briefeschreiben gekürzt und sein täglicher Spaziergang im Gefängnishof in die Früh verlegt worden sei, damit er dort nicht die Sonne sehe.
Nawalny muss sich wegen „Extremismus“ verantworten
In Moskau begann indes ein neuer Prozess gegen Nawalny unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Gefängnisbehörde soll den Kremlkritiker provoziert haben, um ein neues Verfahren gegen ihn zu eröffnen. Der Politiker sprach von einer „absurden Anklage“. Ihm werde vorgeworfen, im Gefängnis Terroranschläge vorbereitet zu haben. „Mir drohen 30 Jahre in diesem Fall und im nächsten dann offenbar lebenslänglich“, sagte er am Mittwoch per Videoschaltung in einer ersten technischen Sitzung, in der das Gericht darüber entscheidet, wie viel Zeit der Angeklagte erhält, sich mit den Vorwürfen bekannt zu machen.
Die Presse wurde von dem Prozess weitgehend ausgeschlossen. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch erklärte, das Gericht versuche damit, die Kommunikation des Politikers mit den Medien zu verhindern. International gilt der bisher offiziell wegen Betrugs verurteilte Nawalny als politischer Gefangener. Menschenrechtler sprechen von Willkürjustiz, um den Gegner von Kremlchef Wladimir Putin zum Schweigen zu bringen.
Der Kremlkritiker war im Jänner 2021 bei der Rückkehr aus Deutschland in seine Heimat festgenommen und wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen und Betrug verurteilt worden. Im August 2020 war er auf einem innerrussischen Flug zusammengebrochen. Zunächst wurde er in Russland behandelt, dann in die Berliner Charité verlegt. Dort wurde eine Vergiftung mit einem Nervengift festgestellt. Die Regierung in Moskau hat Vorwürfe zurückgewiesen, russische Behörden hätten versucht, ihn zu töten.
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