Gewerkschaft alarmiert

Pflegeausbildung kurz vor Aus: „Es ist 5 nach 12!“

Steiermark
26.04.2023 18:00

Diplom-Pflegekräfte sollen ab dem nächsten Jahr nur noch an der Fachhochschule ausgebildet werden, nicht mehr an den Krankenpflegeschulen des Landes. Das könnte den Personalmangel noch weiter verschärfen, warnen nun Gewerkschafter. Der grüne Gesundheitsminister soll reagieren.

Die Zahlen sind dramatisch: 510 diplomierte Pflegekräfte fehlen derzeit in den steirischen Landeskrankenhäusern, bis Jahresende dürften es 1000 sein, sagt Zentralbetriebsratsvorsitzender Michael Tripolt. Die Pensionierungswelle wird die Lücke noch größer werden lassen, es drohen weitere gesperrte Betten.

Woher neues Personal nehmen? Eine Quelle steht kurz vor dem Versiegen: die dreijährige Diplomausbildung an den steirischen Krankenpflegeschulen. Im Frühjahr haben die letzten neuen Jahrgänge in Leoben und Graz gestartet, ab dem nächsten Jahr ist das nicht mehr möglich - das sieht ein Bundesgesetz aus dem Jahr 2016 (!) vor.

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Das ist vergleichbar, als würde man mit Tempo 100 auf eine Betonwand zufahren.

Gernot Wallner, Betriebsratsvorsitzender am LKH Leoben

Dessen Ziel: Die Diplomausbildung soll akademisiert werden, konkret an Fachhochschulen. Für Tripolt problematisch: Dieser Weg steht nur Maturanten offen. Und es gibt zu wenig Absolventen. Knapp 150 werden es heuer sein. Viel zu wenig, um den Bedarf zu decken.

Plätze an der FH Joanneum aufgestockt
Immerhin: Das Land hat reagiert und die Anfänger-Studienplätze an der FH Joanneum heuer um 36 auf 252 aufgestockt, nächstes Jahr sind es 288 (216 starten im Herbst, 72 im Sommersemester). Folgt noch mehr? „Das hängt vom erhobenen Personalbedarf des Gesundheitsressorts ab“, teilt das Büro der zuständigen Wissenschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) mit. Was schon fix ist: In Kapfenberg entsteht bis 2025 in der Innenstadt ein neuer Gesundheits-Campus, der für Studenten sicherlich attraktiver als der derzeitige Standort im Industriegebiet ist.

Allianz gegen das Aus der Diplom-Ausbildung, unter andere mit Michael Tripolt und Reinhold Kerbl (Bild: Andreas Hold)
Allianz gegen das Aus der Diplom-Ausbildung, unter andere mit Michael Tripolt und Reinhold Kerbl

Ministerium winkt ab
Michael Tripolt hat am Mittwoch in Leoben mit weiteren Christgewerkschaftern aus dem Gesundheitsbereich, mit Betriebsräten, aber auch mit Reinhard Kerbl, dem bekannten Primar für Kinder- und Jugendheilkunde, dafür plädiert, dass die Diplom-Ausbildung an den Krankenpflegeschulen auch nach 2024 fortgeführt wird: „Es ist 5 nach 12!“ Gefordert ist Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Positive Signale aus seinem Ministerium gibt es auf „Krone“-Anfrage allerdings nicht.

Neue Pflegeschulen starten
Man verweist auf die am Mittwoch von der Regierung beschlossene Pflege-Lehre und auf die neuen Höheren Lehranstalten für Pflege und Sozialbetreuung, die heuer in den Regelbetrieb starten. Einziger steirischer Standort ist jener der Caritas in Graz, wo seit drei Jahren bereits ein Pilotversuch läuf: „Aktuell haben wir nach einem Auswahlverfahren 28 Anmeldungen, wir können also im Herbst in guter Stärke starten“, so die steirische Caritas. 

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