Tarifkonflikt in D
Gewerkschaft könnte Bahn „wochenlang lahmlegen“
Seit Ende Februar verhandelt die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit der Deutschen Bahn über einen neuen Tarifvertrag. Doch die Fronten verhärten sich zunehmend. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, nicht an ernsthaften Verhandlungen interessiert zu sein. Die Arbeitgeberseite fühlt sich nach zwei weiteren Warnstreiks zu weiteren Kampfmaßnahmen „provoziert“. Verhandlungsführerin Cosima Ingeschay droht nun: „Wir könnten die Bahn wochenlang lahmlegen.“
Die bisher letzte Gesprächsrunde hatte die Deutsche Bahn am Mittwoch für beendet erklärt. Als Grund nannte das Unternehmen eine Weigerung der Gewerkschaft, über das neue Angebot der Bahn für rund 180.000 Beschäftigte zu verhandeln. Es sieht neben einem steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich von insgesamt 2850 Euro eine stufenweise Erhöhung ab März des kommenden Jahres von insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie acht Prozent für die oberen Lohngruppen vor. Die Gewerkschaft lehnt das Angebot als nicht verhandlungsfähig ab. Sie fordert mindestens 650 Euro mehr im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen sowie eine Laufzeit von einem Jahr. Der nächste Verhandlungstermin ist für Ende Mai angesetzt.
Warnstreiks mit Auswirkungen auf Österreich
Der Tarifkonflikt wurde bereits von zwei Warnstreiks begleitet. Im März legte die EVG im Schulterschluss mit Verdi einen Tag lang große Teile des Verkehrs lahm, betroffen waren neben der Bahn auch zahlreiche Flughäfen und teils der kommunale Nahverkehr. Vor einer Woche streikten dann Beschäftigte bei der Bahn erneut für acht Stunden. Die Deutsche Bahn musste stundenlang den Fernverkehr stoppen, auch im Nah- und Regionalverkehr rollte fast kein Zug. Auch in Österreich waren die Auswirkungen stark.
„Zwei Warnstreiks müssten eigentlich reichen, um ein verhandlungsfähiges Lohnangebot zu bekommen“, sagte Ingenschay dazu der „Süddeutschen Zeitung“. Aber die Bahn sei offenbar nicht an ernsthaften Verhandlungen interessiert. „Es ist die Bahn, die die neuen Streiks provoziert“, meinte die EVG-Verhandlerin. DB-Chef Richard Lutz betonte dagegen, dass das aktuelle Arbeitgeberangebot das höchste der Konzerngeschichte sei. „Damit haben wir unser erstes Angebot mehr als verdoppelt und uns einen riesigen Schritt auf die Gewerkschaft zubewegt.“ Die EVG agiere mit einer Verweigerungshaltung, „die weder sinnvoll noch nachvollziehbar“ sei. „Da stellt sich die Frage: Was denn noch?“, so Lutz.
Mindestlohn als Knackpunkt
Ein Knackpunkt bei den Verhandlungen ist das Thema Mindestlohn. Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen bisher nur über Zulagen, weil der gesetzliche Mindestlohn in den vergangenen Jahren schneller gestiegen ist als die Tariftabellen. „Bevor wir verhandeln, muss der gesetzliche Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankert werden“, sagte Ingenschay. „Sonst sind die zehn Prozent Lohnerhöhung für die gut 2500 Mitarbeiter gleich weg.“
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