Im Herbst erhielt Johanna Wagmeier aus dem steirischen Gössendorf die Diagnose Darmkrebs. Aber die 36-Jährige weigerte sich, zu verzweifeln - und schrieb stattdessen ein Kabarett darüber. Die „Krone“ war bei ihr und ihrer kleinen Familie zu Besuch.
„Willst du Crêpes oder Waffeln? – Ich nehme die Waffel, Krebs hab ich ja schon.“ Es sind Witze wie diese, mit denen Johanna Wagmeier beim Kabarett-Wettbewerb Kleinkunstvogel im Grazer Theatercafé kürzlich das Publikum begeisterte. Krebs und Humor – geht das überhaupt zusammen? „Er macht alles leichter“, sagt Wagmeier. „Natürlich hatte ich am Anfang Bedenken, vor allem, weil ich ja Lehrerin bin. Kann man vor einem Publikum einfach so Witze über Analsex machen?“
Schon wenige Wochen nach der Diagnose stand für die Deutsch- und Chemie-Professorin aber fest: Ja, man kann. „Ich habe Krebs, ich darf fast alles.“ Der Humor liegt zudem in der Familie. Kabarettist Berni Wagner ist Wagmeiers Bruder.
„Die Diagnose war ein Schock“
Leicht waren die vergangenen Monate für die zweifache Mutter trotzdem nicht. „Die Diagnose war ein Schock. Nach der Koloskopie durften alle Leute im Warteraum nach Hause gehen – nur ich nicht. Da wusste ich schon, dass etwas nicht stimmt.“ Damit war Wagmeier eine von etwa 2000 Österreichern, die jährlich Darmkrebs diagnostiziert bekommen. Die meisten Betroffenen sind allerdings über 65 Jahre alt.
Zum Glück hatte das Rektalkarzinom noch nicht ausgestrahlt. „Mein Arzt hat mich noch am gleichen Abend angerufen, um zu sagen: ,Es ist heilbar’.“Auf Bestrahlungen folgten Operationen, jetzt lebt Wagmeier vorübergehend mit einem künstlichen Darmausgang, einem Stoma. „Ich hatte furchtbare Angst davor. Aber es schränkt mich nicht ein. Eine andere Betroffene hat geschrieben: ,Ich kann alles, das andere auch können – und gleichzeitig kacken.’“
Kaum Einschränkungen für Patienten
Einmal mehr hat Wagmeier Offenheit und Humor gewählt, um damit umzugehen. Das sei wichtig, sagt auch ihr Berater Mario Gradischnig. „Heutzutage sind das High-Tech-Produkte, die ausgeklügelt funktionieren und einen Filter für Blähungen haben.“ Mit dem richtigen Stoma kann man arbeiten gehen, spazieren, Radfahren – „nur schwer heben sollte man nicht“, sagt Gradischnig.
Um Darmkrebs möglichst früh zu erkennen, sollte ab 45 Jahren alle sieben bis zehn Jahre eine Vorsorge-Koloskopie durchgeführt werden. Ein flächendeckendes Screening dafür gibt es allerdings noch nicht. In Zukunft könnte die Situation sogar noch schwieriger werden, warnte kürzlich das Institut für Höhere Studien (IHS): Gastroenterologen, also Magen-, Darm- und Leberspezialisten, fehlen. 51 Prozent derer mit Kassenvertrag sind über 55 Jahre alt. Nur halb so viele neue Fachärzte - aktuell 28 bis 29 im Jahr - wie nötig kommen in Österreich nach.
Für die Steiermark listet die Ärztekammer nur sechs Ärztinnen und Ärzte mit diesem Spezialgebiet auf, die einen Kassenvertrag haben.
Kinderbücher erklären, wieso Mama Krebs hat
Für Wagmeiers Kinder Mira (4) und Lars, der bald drei Jahre alt wird, ist die Situation schon zu einer „neuen Normalität“ geworden. „Letztens hat sich Lars sogar ein Sackerl auf den Bauch geklebt.“ Wichtig sei, offen mit ihnen über die Situation zu reden, etwa mithilfe von Kinderbüchern.
Eine Chemotherapie steht Wagmeier im Sommer noch bevor, dann hofft sie, krebsfrei zu sein. „Ich will das Kabarett noch einmal aufführen. Ob ich mich in einigen Jahren aber noch dafür interessiere, kann ich jetzt nicht sagen.“ Klar ist nur: „Wenn ich nicht über diesen Scheiß rede, dann tut es sonst auch niemand.“
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