Seit 200 Jahren oder mehr sind ihre Bauernhöfe im Familienbesitz: Diese Landwirte blicken auf eine lange und bewegte Geschichte am Hof zurück. Im Mittelpunkt stand dabei immer die Familie - und Durchhaltevermögen in harten Zeiten.
Zwischen den schneebedeckten Bergen kurz vor dem Großglockner liegt das Gut Schlettern der Familie Rainer. Markus und Maria wohnen dort auf dem 263 Jahre alten Hof mit ihren vier Kindern und dem Großvater. Der Hof in Rauris ist seit 1780 in Familienbesitz. Für die Kinder ist der Bauernhof Spielwiese und Lernort zugleich. Johanna (8) und Josef (4) freuen sich über das zehn Tage alte Fohlen im Stall des Guts Schlettern. Ob sie einmal den Hof übernehmen und als nächste Generation weiterführen? Erstmal sind ihre älteren Schwestern an der Reihe. Sie besuchen die Landwirtschaftsschule in Bruck und werden wohl in die Fußstapfen ihres Vaters Markus treten. Druck machen er und seine Frau Maria den Töchtern zwar nicht - hoffen aber, dass eines ihrer Kinder das Gut Schlettern übernimmt. Das wurde heuer vom Land als Erbhof ausgezeichnet, weil es seit über 200 Jahren von der Familie bewohnt und bewirtschaftet wird.
Brände, Lawinen und Krankheiten überstanden
Drei Generationen leben und arbeiten hier zusammen. „Familie ist das Wichtigste, speziell für unseren Erbhof. In erster Linie aber muss ich den richtigen Partner haben“, meint Markus Rainer (48) mit Blick auf seine Frau Maria. „Wenn das nicht von mir zurück 240 Jahre lang funktioniert hätte, wäre die Kette schon lang unterbrochen. Dann wär’s kein Erbhof.“ Die Familie hat auf dem Hof über die Jahrhunderte Brände, Lawinenabgänge und Viehseuchen überstanden. Und weil Familienmitglieder im Krieg oder an einfachen Krankheiten gestorben sind, war es nicht immer klar, dass es weitergeht. Umso stolzer ist Familie Rainer über die Auszeichnung ihres Guts Schlettern als Erbhof: „Die nehmen wir mit Demut, Ehrfurcht und Dankbarkeit entgegen“, zeigt sich Markus Rainer bescheiden.
Das Erfolgsrezept der Traditionsbauern
Wie schafft man es also, einen Hof mehr als 200 Jahre zu erhalten? Mit viel harter Arbeit, dem Mut, neue Wege zu gehen und einem Händchen für gutes Wirtschaften. „Die Familie muss zusammenhelfen und zusammenstehen. Sonst wär’ so eine Geschichte nicht möglich“, sagt Markus Rainer. Doch die Tradition ist herausfordernd. Das kennt auch Gertraud Schauer (41) vom Erbhof Franzbauerngut in Berndorf am Haunsberg nur zu gut. Dort lebt sie mit ihren drei Söhnen und Ehemann Christoph (46) von der Milch der 34 Kühe, die sie zu Heumilchkäse verarbeiten lassen. Ihr Tag beginnt um sechs Uhr im Stall, freie Tage gibt es nicht. Alle helfen mit, auch die Großeltern packen an. Mit ihrer Mutter Margarete (65) verkauft sie selbstgemachte Wurst und Schinken auf dem Wochenmarkt.
„Der Partner muss dazu passen“, hat Gertraud Schauer gelernt. „Man kann nicht etwas leben, das der Partner nicht möchte, dann gibt es über die Jahre zu viele Reibungspunkte.“ Und: Durchhaltevermögen braucht es. Genauso gehört Glück dazu, das den Erbhofbesitzern über die Jahre hold war, sind sich die Familien einig. Die Eltern geben ihre Höfe nicht - wie früher üblich - starr an das Älteste ihrer Kinder weiter. Die Schauers sind optimistisch, dass die Erbfolge auf dem Franzbauerngut gesichert ist. Der älteste und der jüngste Sohn können sich das vorstellen. Gertraud Schauer ist stolz, dass sie den Hof übernehmen darf, den ihre Familie schon so lange besitzt. Ehemann Christoph hat auf dem Franzbauerngut schon einen Platz für die Erbhofplakette gefunden: „Vorne an der Auffahrt an der Scheunenwand.“ Damit sie jeder gleich sehen kann, der auf den 201 Jahre alten Hof fährt.
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