Mit zeitgenössischer chinesischer Kunst öffnet das Museum Liaunig erstmals dem Fernen Osten die Tür.
Aha-Erlebnisse sind, so könnte man salopp behaupten, bei Liaunig sammlungsimmanent. Das ist zum einen der Qualität der Bilder, Plastiken und Objekte geschuldet, die sich zu einer der umfangreichsten Sammlungen österreichischer Kunst nach 1945 verdichtet haben - ergänzt durch vorangehende Vertreter der klassischen Moderne sowie exemplarische Beispiele internationaler Künstler wie Tony Cragg, Pierre Soulages, Georges Mathieu. Auch die jährlich wechselnden Themenausstellungen und/oder Gegenüberstellungen werfen Jahr für Jahr einen scharfen Blick auf viele Facetten des (punktuell) Gezeigten, machen Querverbindungen, Parallelpositionen, Gegenpole sichtbar, Kunstgeschichtliches begreifbar und damit die Entwicklung, Positionierung und Akzeptanz von Kunst in den jeweiligen gesellschaftlichen wie kulturpolitischen Gegebenheiten.
Das ist für sich schon spannend, erfährt in dieser von Alexandra Grimmer meisterhaft kuratierten, umfassenden Beschäftigung mit chinesischer Gegenwartskunst (erstmals bei Liaunig wie in Kärnten) aber eine völlig neue, horizonterweiternde Dimension. Und so folgt man im Jahr des Hasen unter dem Titel „Follow the Rabbit“ dem Langohr wie Lewis Carrols Alice in ein „Wunderland“, das 28 Künstler aus dem Reich der Mitte vergleichend in den Mittelpunkt stellt. Ein großer Teil der Leihgaben entstammt der Blue Mountain Sammlung zeitgenössischer chinesischer Kunst (BMCA) mit Sitz in Wien, der zeitliche Bogen des Gezeigten reicht von 2008 bis 2022 und zeigt die vielschichtige wie vielgesichtige Entwicklung der bildenden Kunst Chinas, die mit der Öffnung nach Mao Zedongs Tod 1976 (verglichen mit dem Westen) im Hochgeschwindigkeitsmodus ablief.
Und so steht man staunend vor Porträts und „Pixelbildern“, die ihr kritisch-politisches Potenzial erst offenbaren, wenn man sie aus gewisser Entfernung betrachtet, was in Zeiten, in denen Grenzen zunehmend hochfahren, wunderbar als Metapher für jene Weitsicht stehen kann, die auch den Menschen und nicht nur die Ideologie sieht. Viele Werke würde man wohl niemals mit dem Etikett „Made in China“ versehen, während andere durch kulturelle Prägung leichter zuordenbar sind.
Konzipiert vom Wiener Architektenteam querkraft, wurde der Bau 2008 in Neuhaus eröffnet und 2015 erweitert, um der Privatsammlung des Kärntner Unternehmers Herbert Liaunig auf einer Nutzfläche von 4400 m² samt weitläufigem Skulpturenpark Raum und Rahmen zu geben.
2011 mit dem Museumspreis ausgezeichnet und 2012 (nur vier Jahre nach Fertigstellung) unter Denkmalschutz gestellt, wird das Museum seit 2018 von Liaunigs Sohn Peter, einem Architekten, geleitet.
Doch egal, ob man auf schelmisches Augenzwinkern, harsche Kritik oder verblüffende Gemeinsamkeit trifft, am Ende liegt der Schluss nahe, dass es ein Bindeglied gibt, das Blicke weitet und Brücken schlägt zu allen Kulturkreisen der Welt - und seien sie noch so fern: die Kunst!
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