Mit rund 9000 Fans war die hinten zugehängte Wiener Stadthalle seit Monaten restlos ausverkauft - nun war der große Fan-Held Macklemore endlich auf der Bühne. Nach überstandenem Corona-Tief ist der 39-Jährige wieder kräftig zurück und begeisterte in Wien zum Monatsabschluss mit großen Hits, viel Bewegung und großer Spielfreude. Im Vorprogramm dabei: die großartige Tones And I.
Wenige Wochen bevor die Open-Air-Saison Mitte Mai die ersten Freiluftvorboten für die Sommer-Konzertsaison vorschickt, hatte die altehrwürdige Wiener Stadthalle zum Monatsende noch einmal Hochbetrieb. Die letzte April-Woche hatte es wahrlich in sich. Zuerst tummelten sich Disney- und ABBA-Musicals auf der Bühne, dann lud die ewige Teenagerin Avril Lavigne zum semimotivierten Playback-Tanz, bevor die italienischen Song-Contest-Sieger von 2021, Måneskin, in einer zweistündigen Megashow eindrucksvoll bewiesen, dass sie die derzeit spannendste und heißeste Rockband der Welt sind. Zum Abschluss stand Sonntagabend dann auch noch eine kräftige Portion Hip-Hop mit guter Laune am Programm. Seattle-Superstar Macklemore kommt nach unzähligen Frequency-Auftritten (ein da Capo gibt’s in wenigen Monaten ebendort) endlich wieder für eine Soloshow zu uns und hat dabei sein brandneues und autobiografisches Album „Ben“ im Gepäck.
Wuchtiges Tourpaket
Kräftig angeheizt wurde bereits im Vorfeld. Charlieonfriday darf für die ersten paar Minuten sein Talent zeigen, bevor die australische Chartstürmerin Toni Watson aka Tones And I die Bühne entert. Mit „Dance Monkey“ verschaffte die sympathische Ulknudel uns vor einigen Jahren einen alle Hirnwindungen zerfressenden Ohrwurm, der - wie es bei solcherart Liedgut eben der Fall ist - zwischen genial und penetrant wiederkehrt. Dass sie längst selbst veritable Hallen füllen könnte, ist bekannt, dafür sorgen nicht zuletzt starke Songs wie „Bad Child“, „The Kids Are Coming“ oder die brandneue Selbstermächtigungs-Single „I Am Free“, die das Zeug zum nächsten Top-Hit hat. Ein achtköpfiger australischer Chor unterstützt ihre feurigen Songs, die mit Ben E. Kings „Stand By Me“ und Rihannas „Diamonds“ auch zwei starke Cover-Versionen beinhaltet. Spielfreude, Attitüde und der Gospelchor stimmen - das alleine wäre schon einer Headliner-Show würdig gewesen.
Nach der Umbauphase steht die 29-Jährige eh sofort wieder auf der Bühne, denn sie eröffnet mit ihrem Protegé Macklemore dessen effektreiches Set mit dem gemeinsamen Song „Chant“. Auf der Bühne befindet sich eine überdimensionale Videowall, ein kleiner Steg führt Richtung Fans, musikalisch hat sich der 39-Jährige mit einem Keyboarder, einem Drummer, zwei Bläsern und zwei Tänzerinnen verstärkt. Im blauen Hemd und mit kargem Schnurrbärtchen ausgestattet hüpft und rappt er sich für den anstehenden Abend warm. Dazu schießen das erste (und bei weitem nicht das letzte) Mal Feuerfontänen aus dem Bühnenboden. „Ich hatte lange Angst vor diesem Abend, weil das Konzert an einem Sonntag ist“, so der Künstler, „und ich weiß, ,lazy Sundays‘ sind keine guten Konzertabende. Aber ihr habt morgen ja einen Feiertag, also legen wir los.“
Spaß und Liebe
Sein Publikum hätte diese Zusatzmotivation gar nicht nötig gehabt, denn das ist schon von der ersten Sekunde weg angeheizt. Kein Wunder, denn Macklemore weiß genau, wie man eine Show richtig aufbaut. Das legendäre „Thrift Shop“, ein feuriges „No Bad Days“, wo er per Kanone Wasser ins schwitzende Tanzauditorium versprüht und die Gute-Laune-Nummer „Downtown“ mit der grazilen Stimme seines Freundes und Gastsängers Eric Nally, reißen auch die letzten Vorsichtigen auf den Bühnenseiten von ihren Sitzplätzen. Vor der Gleichberechtigungshymne „Same Love“, einer Regenbogenfahne und dazu passenden Empowerment-Videos gibt er noch einmal die Richtung des Abends vor: „Es geht hier und heute um genau zwei Dinge. Erstens, um Spaß zu haben. Zweitens, um Liebe zu verbreiten. Lasst es uns nun also gemeinsam angehen.“
Laut Veranstalter seien rund 9000 Fans zugegen, Karten gab es schon seit Monaten keine mehr. Etwas verwunderlich, warum die Stadthalle im letzten Viertel abgedeckt wurde - da wäre angesichts des Hypes um den Seattle-Rapper sicher noch mehr gegangen. Obwohl sein brandneues Soloalbum „Ben“, eine inhaltlich beeindruckende Tour de Force durch sein nicht immer friktionsfreies Leben, mit starken Songs wie der Disco-Hymne „1984“ oder dem mitreißenden „Tail Lights“ aufwarten kann, brandet der größte Jubel noch immer bei den Klassikern von früher auf. Mit seinem alten „Partner in Crime“, Ryan Lewis, hat er ja durchaus manch geldbringende Preziose geformt. „Otherside“ etwa, oder den Partykracher „Dance Off“, bei dem er zwei Fans aus dem Wiener Publikum zu ebenjenem bittet und sichtlich positiv überrascht ob der zur Schau gestellten Performance ist.
Bald beim Frequency
Im Zugabenblock kommt Tones And I für „Good Old Days“ noch einmal auf die Bühne zurück und animiert Macklemore zu einer schwärmerischen Liebeserklärung an die kompetente Australierin. Die Bandvorstellung fällt dann etwas zu üppig aus, doch sonst hätte der erfolgreichste weiße Rapper nach Eminem keine 90 Minuten füllen können. Das Macklemore & Lewis-Kultstück „Can’t Hold Us“ samt kunterbuntem Konfettiregen und einem euphorischen Hauptdarsteller mitten im Publikum führt das ungemein kurzweilige, aber doch etwas zu kurz geratene Set zu einem famosen Ende. Macklemore mag seine größten Songs vielleicht schon verschossen haben, mit so viel Spielfreude und physischer Energie wie heute Abend lassen sich die Fans aber noch lange mitreißen. Wermutstropfen: das wundervolle Old-School-Hip-Hop-Stück „Heroes“ seines neuen Albums blieb leider ungespielt. Vielleicht dann im Sommer beim Frequency.
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